folgen der saarwahl
: Viel Feind, viel Schelte

Wer nicht für uns ist, ist gegen uns. Wer nicht zu allem Ja und Amen sagt, was die Führungsmacht entscheidet, gilt als Gegner und muss mit Verlusten rechnen. Diese Aufteilung der Welt in Gut und Böse, Freund und Feind ist ebenso verlockend einfach wie dumm. Trotzdem scheint sie seit gestern auch innerhalb der SPD zu gelten.

KOMMENTAR VON LUKAS WALLRAFF

Auf der Suche nach Erklärungen für das schlechte Abschneiden der SPD im Saarland bediente sich Parteichef Franz Müntefering genau dieser Logik. Es reichte ihm nicht aus, dem abtrünnigen Populisten Oskar Lafontaine die Schuld an dem Desaster seiner Partei im kleinsten Flächenland der Republik zu geben, wie es reflexartig fast alle Mainstream-Sozialdemokraten taten. Nein, auch der örtliche Spitzenkandidat Heiko Maas musste im Willy-Brandt-Haus zu Berlin als Sündenbock herhalten.

Maas, so Müntefering, sei der Mittelweg zwischen den Forderungen Lafontaines und den Reformen „gründlich misslungen“. Also, so muss man das wohl verstehen, trage auch er Verantwortung für das Minus der SPD.

Nun kann man ja der Ansicht sein, dass die Politik der Saarland-SPD tatsächlich schwer zu verstehen war. Es stimmt wohl auch, dass sich der unglückliche Maas nie so recht entscheiden konnte, ob er nun für oder gegen die Reformen der Regierung eintreten sollte.

Nur: Da geht es ihm wie vielen anderen in der großen Volkspartei. Und es dürfte nicht wenige Genossen gegeben haben, die mit Mitleid auf den hin- und hergerissenen Jungpolitiker blickten. Wenn der Parteichef nun – entgegen allen Gepflogenheiten – direkt nach dem Wahltag auf ihn eindrischt, dürfte das kaum zur Befriedung der zerstrittenen Sozialdemokraten beitragen. Wenn er so weitermacht, trägt ausgerechnet Franz Müntefering, der in diesem Frühjahr noch als Versöhner angetreten war, tatkräftig dazu bei, die Partei noch mehr zu spalten.

Statt eigene Fehler einzuräumen und effektiv und professionell um Zustimmung zu werben, lässt Müntefering allen, die Hartz IV und andere Kürzungen bei den Sozialleistungen noch immer kritisch sehen, nur eine Wahl: Schaut, wie ihr allein weiterkommt, wer diskutiert, wird abgemeiert. Mit diesem Verfahren ermuntert er die Kritiker geradezu, endlich eine Linkspartei zu gründen. Denn im Umkehrschluss bedeutet sein Diktum, wonach der Mittelweg nichts bringe, auch: Nur wer sich radikalisiert, wird auch Erfolg haben.