Plätzchen für den Nachwuchs

Trotz weiteren Personalabbaus will der Senat jährlich 1.500 Stellen wieder besetzen. Die meisten davon bei Lehrern und der Polizei. Die Hauptverwaltungen und die Bezirke gehen dabei fast leer aus

von RICHARD ROTHER

Eigentlich fühle er sich etwas fehl am Platz, meinte Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) gestern bei der Pressekonferenz im Anschluss an die Senatssitzung. „Ich habe schließlich gute Nachrichten zu verkünden.“ Äußerst selten geschehe dies in seinem Amt. Die Nachricht: Trotz massiven Stellenabbaus im öffentlichen Dienst sollen in den nächsten Jahren etliche Nachwuchskräfte neu eingestellt werden.

Der rot-rote Senat will so etwas gegen die zunehmende Überalterung des Personals tun. Jährlich sollen etwa 1.500 Stellen wieder besetzt werden, zwischen 4.000 bis 4.500 Stellen werden jährlich altersbedingt frei. Der totale Einstellungsstopp ist mittlerweile aufgehoben. Ziel sei es, trotz der „komplizierten Finanzlage“ die Funktionsfähigkeit der Verwaltung sicherzustellen, so Sarrazin. Allerdings werde an dem Grundsatz festgehalten, frei werdende Stellen vorrangig aus dem so genannten Personalüberhang zu besetzen.

Im Einzelnen sind nach den Vorstellungen des Senats rund 1.250 Einstellungen in Schule, Polizei, Feuerwehr, Justiz und Finanzämter pro Jahr möglich. Der mit Abstand größte Anteil entfällt auf die Lehrer, von denen in den nächsten drei Jahren 520, 730 beziehungsweise 800 hinzukommen sollen. Insgesamt sinkt die Zahl der Vollzeit-Lehrerstellen von derzeit noch rund 29.200 auf 26.900 im Jahr 2006.

Bei der Polizei hält sich der Stellenabbau in Grenzen, jährlich nehmen 150 bis 300 Polizeibeamte ihren Dienst auf. Rund 15.000 Polizeistellen wird Berlin im Jahr 2006 haben, zurzeit sind es rund 16.400. Weitere Neueinstellungen sind auch im Bereich Justiz und bei den Finanzämtern geplant.

Höchstens 250 Stellen werden dagegen in Senatsverwaltungen, Bezirken und nachgeordneten Behörden wieder besetzt, wobei jeder Einzelfall der Genehmigung der Finanzverwaltung bedarf. Damit treffe es diesen Bereich „besonders hart“, räumte Sarrazin ein. Zur Verteilung der wenigen Stellen werde er im Dezember dem Senat Vorschläge unterbreiten.

Den jetzt angekündigten Neueinstellungen waren die Einigung zwischen Senat und Gewerkschaften auf einen neuen Tarifvertrag im öffentlichen Dienst, den so genannten Solidarpakt, und die Regelungen für Einschnitte bei der Beamtenbesoldung vorausgegangen. Mit dem bundesweit einmaligen Tarifwerk verzichten die Beschäftigten auf bis zu zwölf Prozent ihrer Einkünfte, im Gegenzug wird die Arbeitszeit reduziert.

Mit der Entscheidung für Neueinstellungen würden jedoch keine Abstriche beim weiteren Personalabbau gemacht, so Sarrazin. Berlin liege mit derzeit 133.000 Beschäftigten im öffentlichen Dienst um 37.000 Mitarbeiter über dem Bundesdurchschnitt.