nebensachen aus brandenburg (teil 6)
: Privatisierung und Pleite: Oberspreewald-Lausitz

In Brandenburg wird am 19. September ein neuer Landtag gewählt. Die taz stellt bis zur Wahl die 14 Brandenburger Landkreise vor. Heute: Oberspreewald-Lausitz.

Brandenburg ist pleite. Warum Brandenburg pleite ist, das sieht man nicht zuletzt an den gescheiterten Großprojekten. Die Chipfabrik in Frankfurt ist eine Ruine. Aus dem Cargolifter in Brand soll ein Tropencenter werden. Und was ist mit dem Lausitzring? Im August 2000 war die größte Rennstrecke Ostdeutschlands nach nur zweijähriger Bauzeit in Betrieb gegangen. Doch der Traum des ehemaligen brandenburgischen Ministerpräsidenten Manfred Stolpe (SPD) von der Formel 1 in der Lausitz platzte schon bald. Zwei Jahre nach der Inbetriebnahme ging das 158-Millionen-Euro-Projekt in die Insolvenz. Da half es auch nicht mehr, den Lausitzring in Eurospeedway umzubenennen. Werner – Eiskalt und das Abschiedskonzert der Böhsen Onkelz, das ist, was dort noch bewegt wird.

Betroffen von der Pleite waren nicht nur die beiden Gesellschafter Dekra und der Landkreis Oberspreewald-Lausitz, sondern auch Berlin. Der Lausitzring gehörte nämlich zu den Prestigeprojekten der Berliner Bankgesellschaft. Sie war es auch, die den Verlust alleine verbuchte. In Sachen Schuldenmachen sind Berlin und Brandenburg längst ein Bundesland.

Aber auch geografisch lassen sich die beiden kaum mehr unterscheiden. Das betrifft vor allem die Spree. Oder besser das, was des Sommers von ihr übrig bleibt. Mit der Flutung der Tagebaulöcher droht aus der Spree demnächst ein Rinnsal zu werden. Davon betroffen wäre nicht nur die Hauptstadt, sondern auch der Spreewald, Brandenburgs touristische Location Nummer eins. Ein niedrigerer Wasserspiegel lässt nämlich zahlreiche Bäume und ihre Wurzeln im Trockenen stehen.

Überhaupt: Eigentlich ist der Name des Kreises seine Quadratur. Oberspreewald, das ist Landschaft, Tourismus und Biosphärenreservat. Lausitz dagegen, das ist Braunkohle, Tagebau – und Chemie. In Schwarzheide steht inzwischen eines der modernsten Chemiewerke Ostdeutschlands und mit 2.300 Beschäftigten auch der größte Arbeitgeber der Region. Damit gehört der Standort zu den erfolgreichsten Privatisierungen Brandenburgs, ganz im Gegensatz zu den Neuinvestitionen wie dem Lausitzring.

Den ganzen Transformationsprozess von der Industrielandschaft zur nachindustriellen Landschaft kann man am besten in Großräschen betrachten. Dort steht seit diesem Jahr das Besucherzentrum der Internationalen Bauausstellung Fürst-Pückler-Land. Hauptattraktion ist neben der nahe gelegenen Tagebaugrube und den dazugehörenden „Canyon-Tours“ die Ausstellung „Zeitmaschine Lausitz“.

Der Spreewald dagegen ist noch keine Zeitmaschine. Und wenn, dann läuft die Zeit hier eher gemächlich. So wie in Lübbenau. Der Ort ist seit 1998 staatlich anerkannter Erholungsort. Und Glück hat er auch noch: Die Spree steht im Sommer nicht in der Stadt, sondern einige Kilometer weiter östlich. UWE RADA

Morgen: Landkreis Elbe-Elster