Berlin will auch mal Nummer eins sein

Die Stadt soll führend im Gesundheitssektor werden. Dort sollen in den nächsten sechs Jahren 70.000 neue Jobs entstehen, meint Wirtschaftssenator Wolf. Kein Bekenntnis, den Vivantes-Konzern auf Dauer in Landesbesitz zu halten

Frankfurt am Main ist Nummer eins bei den Banken, Hamburg im Handel, München bei Hightech. Bloß Berlin hat kaum ein Feld, wo es außer in der Politik Nummer eins ist. Das soll sich ändern. Wirtschaftssenator Harald Wolf (PDS) sieht gute Chancen, dass Berlin zukünftig in der Gesundheitswirtschaft „die Nase vorn hat“. Ein Boom in diesem Sektor soll der Stadt binnen sechs Jahren 70.000 neue Arbeitsplätze bringen.

Unter Gesundheitswirtschaft sind Behandlung, Forschung und Lehre, Biotechnologie und der große Bereich der Pflege zu verstehen. Laut Wolf arbeiten in Berlin bereits 180.000 Menschen in diesem Sektor, was jedem achtem Job im Land entspricht. Herausragendes Beispiel ist der Standort Buch im Norden der Stadt, an der S 2 nach Bernau. Dort arbeiten drei Krankenhäuser neben Biotechnologiefirmen und Grundlagenforschern.

Bei Wolfs Hoffnungen spielt auch der so genannte Gesundheitstourismus ein Rolle. Eine zentrale Agentur könnte sich seiner Ansicht nach international darum kümmern, Patienten in Berlin die passende Klinik samt Unterkunft und Dolmetscher zu vermitteln. Dieser Bereich hat aber für Wolf „nicht die entscheidende Bedeutung“ im Wachstumssektor Gesundheit.

Um dieses Potenzial besser zu nutzen, sollen die Spitzen der allesamt PDS-geführten Senatsverwaltungen für Wirtschaft, Gesundheit und Wissenschaft enger zusammenarbeiten.

Wolfs Hoffnung auf neue Arbeitsplätze gründet sich auch auf den jüngsten Ansiedlungserfolg. Der bereits in Buch tätige Klinikkonzern Helios hat Mitte Juli angekündigt, 2005 seinen Hauptsitz von Fulda nach Berlin zu verlegen. Zudem will das Unternehmen rund 220 Millionen Euro in seine hiesigen Kliniken stecken – neben Buch die Zentralklinik Emil von Behring in Zehlendorf.

Für den Helios-Umzug zahlt Berlin laut Wolf kein Geld. „Die Unternehmen kommen nicht hierher, weil sie eine einmalige Subvention bekommen, sondern weil sie den Standort so gut finden“, sagte der Wirtschaftssenator.

Der Senat kündigte zugleich an, seine beiden eigenen Klinkunternehmen Vivantes und die Charité „zu profilieren und weiterzuentwickeln“. Wolf mochte sich aber nicht darauf festlegen, dass das ein Bekenntnis sei, den hoch verschuldeten Vivantes-Konzern nicht zu verkaufen. Vivantes sei in Landesbesitz, sagte Wolf lediglich, äußerte sich aber nicht dazu, wie lange das mindestens noch so bleiben wird.

STEFAN ALBERTI