vermögensteuer
: Neid ist gesund

Es gibt Debatten, die gibt es nicht – etwa über die Vermögensteuer. Sie wurde gestern erneut erledigt. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung hat zwar herausgefunden, dass die Steuer vielleicht 7,3 Milliarden Euro erbringen könnte. Aber dagegen steht ein enormer Aufwand bei den Unternehmen und beim Staat; zudem würden wohl vor allem vermögende Rentner zahlen, während sich der Rest in Steuerschlupflöcher verdrückt.

KOMMENTARVON ULRIKE HERRMANN

Also keine Vermögensteuer. Das findet jetzt definitiv auch die grüne Fraktion, die die Studie in Auftrag gab. Nun könnte man sich länger in Details verstricken, ob es nicht Formen der Vermögensteuer geben könnte, die schlauer gestaltet sind als jene Varianten, die die Grünen durchrechnen ließen.

Entscheidend ist jedoch eine andere Botschaft: Keine der etablierten Parteien hat ein Konzept, wie die Reicheren und die Kapitalbesitzer stärker zur Staatsfinanzierung herangezogen werden können. Schon die Frage gilt oft als degoutant und firmiert unter „Neiddebatte“.

So bequem kann man es sich machen. Aber gerade die Volksparteien sollten umdenken. Denn gestern wurde auch der Etat 2005 im Bundestag beraten. CDU-Haushaltsexperte Dietrich Austermann wies auf ein Phänomen hin, das neu ist und beunruhigen kann: Inzwischen wächst die Wirtschaft, aber die Steuereinnahmen ziehen nicht mit.

Wenn selbst ein Aufschwung die Staatsfinanzen nicht mehr päppelt, dann kann Politik kaum noch gestalten. Sie kann nur viel reden, etwa davon, wie bedeutsam Bildung ist. Leider fehlen die Mittel, um Kindergärten und Unis zu fördern. Gleichzeitig entgeht den Wählern nicht, dass die Kluft zwischen Reicheren und Ärmeren messbar breiter wird. Damit geraten alle Parteien in ein Legitimationsproblem, die nicht nur die Besserverdienenden vertreten wollen.

Die etablierten Parteien sind dabei, sich überflüssig zu machen. Sie verlieren, was sie politikfähig macht: den Finanzspielraum und die Glaubwürdigkeit.

Aus dieser doppelten Krise gibt es nur einen Ausweg, vor allem für die Volksparteien: Sie werden die Reicheren wieder stärker belasten müssen. Das wird noch schwierig genug, wohl wahr, aber es ist geradezu absurd, wie stolz alle Parteien darauf sind, dass sie deswegen auf weitere Konzeptarbeit verzichten. Denn eher symbolische Maßnahmen – und das wäre die Vermögensteuer – werden gar nicht mehr reichen.

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