Die neue Dosenwelt

Schluss mit Zettelchen und Bons: Ab heute wird die Pfanddose überall zurückgenommen. Zumindest theoretisch. Die Praxis ist komplizierter

von HANNA GERSMANN

Leerguttüten, Strichcode, Pfandmarke, ade – prost, Dosenpfand, ab heute wird alles einfacher. Neun Monate nach dem Pfandstart können die Kunden die Ex-und-hopp-Verpackungen überall dort abgeben, wo sie auch verkauft werden. Endlich Schluss mit der Zettelwirtschaft im Portemonnaie – nur: Die Wirklichkeit sieht etwas anders aus.

Das Gute: Wer in Heidelberg eine Dose kauft, kann dafür ab sofort auch in Berlin die 25 Cent Pfand zurückbekommen. Die Händler müssen alle Einwegverpackungen „gleicher Art, Form und Größe“ zurücknehmen, die sie selbst im Sortiment haben. Von einem einfachen, einheitlichen System, wie es seit langem bei Mehrwegflaschen funktioniert, ist die Republik noch immer weit entfernt. Jeder bastelt an einer eigenen Lösung. So haben der Handel und seine Ingenieure bisher fünf Systeme ausgetüftelt, vier davon sollen ab heute funktionieren.

Nummer eins: Wer am Kiosk, an Tankstellen oder in der Kantine eine Dose oder Einwegflasche kauft, wird darauf vermutlich ein „P“ entdecken. Es ist das neue Pfandlogo des Hauptlieferanten Lekkerland-Tobaccoland. Die Kunden müssen weder Pfandzettel noch -bon aufbewahren, sie können die P-Verpackungen einfach an der Kasse zurückgeben – egal ob Tanke oder Supermarkt. Die Wegwerfgefäße werden in Plastiksäcke gesteckt, mit einem Code verschlossen und zu Zählzentren gekarrt. Dort werden die Pfandgutschriften berechnet und verbucht.

Nummer zwei: Das System der Firma Westpfand funktioniert mit einem Logo ähnlich wie Nummer eins. Bisher wollen sich ihm aber nur einige Brauereien zwischen Rhein und Ruhr anschließen.

Nummer drei ist eine unbequeme Variante: Wer im Spar einkauft, wird weiterhin mit Pfandmarken hantieren müssen. Die verantwortliche Kölner Vereinigung für Wertstoffrecycling (VfW) hat für ein Jahr eine Sondergenehmigung. Kunden bekommen ihr Geld nur zurück, wenn sie mit der Dose auch einen roten oder blauen Pfandcoupon abgeben.

Ganz anders ist „Discounter“ – Nummer vier, die so genannte Insellösung. Aldi, Lidl, Penny oder Plus listen die Dosen aus, verabschieden sich von gängigen Einwegformaten und tauschen sie etwa gegen eine sehr bauchige „Aldi-Flasche“ aus. So gibt es bei Penny ab heute Bier in speziellen Plastikflaschen.

Ab November will die Arbeitsgemeinschaft umweltfreundlicher Verpackungs-Recycling-Systeme dann ganz in der Nähe von Geschäften Rücknahmeautomaten aufstellen. Wer seine Flasche dort einwirft, bekommt einen Pfandbon, den er in jedem Laden einlösen kann.

Nur in kleineren Geschäften nicht. Für alle Läden, die weniger als 200 Quadratmeter Fläche haben, gilt generell eine Ausnahme: Sie müssen nur Verpackungen der Marken zurücknehmen, die sie im Sortiment haben. So soll verhindert werden, dass sie übermäßig mit der Auszahlung von Pfand belastet werden.

Weil es vielen Verbrauchern bisher zu beschwerlich war, die Pfanddosen zurückzubringen, soll der Handel 375 Millionen Euro eingestrichen haben. Wer seine Dosen auch ab heute noch nicht überall loswerden kann, wo es eigentlich möglich sein müsste, kann sich bei der Deutschen Umwelthilfe beschweren. Die kündigte Testkäufe an und will Händler, die Pfand verweigern, verklagen. Es drohen Bußgelder in Höhe von 50.000 Euro.

Für die einfachste Alternative haben sich übrigens Handelsketten wie Tengelmann, Kaiser’s oder Edeka entschieden: Sie haben alle Einweggetränke aus ihrem Sortiment verbannt. Pfand gibt’s dort nur für Mehrweg.