Mieter misstrauen Kaufangebot

Die GAG will Wohnungen an die Bewohner verkaufen, damit die Stadt als Hauptaktionär mehr Gewinne kassiert. Doch viele Mieter haben Angst, sich für den Immobilienerwerb zu verschulden

Von Thomas Spolert

Die Bewohner der „Weißen Stadt“ sind verunsichert. Rund 600 Wohnungen der in den 20er Jahren errichteten Riphahn-Siedlung in Köln-Buchforst, die der GAG Immobilien AG gehören, stehen zum Verkauf. Im Rahmen des Programms „Mieter werden Eigentümer“ bietet die von der GAG beauftragte Privatisierungsfirma Alt & Kelber den Altmietern seit letztem Jahr die Wohnungen im Dreieck zwischen Heidelbergerstraße, Waldecker Straße und Cusanusstraße zum Kauf an. „Kaum ein anderes Thema polarisiert und verängstigt die Buchforster so sehr wie die Privatisierung des Wohnungsbestandes in ihrem Stadtteil“, berichtet Martin Zorn vom SPD-Ortsverein.

Rund 80 Prozent der 4.500 Wohnungen in dem strukturschwachen Viertel gehören der GAG. „Die heutigen Mieter befürchten, dass sich ihre Rechte als Mieter verschlechtern“, erklärt Zorn die Ängste der Buchforster. Besonders die älteren Bewohner, die teilweise Jahrzehnte in den GAG-Wohnungen Mieter sind, fürchten, von neuen Eigentümern aus ihrer gewohnten Umgebung gedrängt zu werden. „So gehen gewachsene Strukturen kaputt“, warnt Zorn. Eigenbedarfsklagen und steigende Mieten sind die Schreckgespenster, die derzeit im Viertel umgehen. Dagegen betont Friedhelm Seebauer von der GAG gegenüber der taz: „Vermietete Wohnungen werden nur den Mietern angeboten“. Den Kapitalanlegern würden ausschließlich leer stehende Wohnungen angeboten, versichert der Leiter der Buchforster GAG-Außenstelle.

Ende 2003 hatte die GAG ihr Programm „Mieter werden Eigentümer“ gestartet. Auslöser dafür war der im Januar letzten Jahres gescheiterte Verkauf des rund 70-prozentigen Anteils der Stadt an der GAG. Das städtische Aktienpaket sollte für 420 Millionen Euro an die „Terra Firma Capital Partners“ gehen. Mit dem Erlös wollte die damalige Ratskoalition von CDU und FDP das Loch im städtischen Haushalt füllen, obwohl sich im Frühjahr 2002 über 62.000 Menschen in einem Bürgerbegehren gegen den umstrittenen Aktienverkauf ausgesprochen hatten. Das Kölner Verwaltungsgericht wies das Begehren allerdings aus formalen Gründen ab. Und dann ließen Abweichler der schwarz-gelben Koalition im Stadtrat das Geschäft platzen.

Das jetzige Privatisierungsprogramm läuft mit dem Segen des GAG-Aufsichtsrats, um die Gewinnabführung an die Stadt zu erhöhen. Im März waren nach Angaben des Unternehmens seit Start des Programms 273 Wohnungen privatisiert worden. Allein 244 Wohnungen wurden für 17,4 Millionen Euro bis Ende 2003 verkauft. Rund 1.900 der knapp 39.200 GAG-Wohnungen sollen im Rahmen dieses Projektes in den nächsten fünf Jahren für weiteren Umsatz sorgen.

Bis Ende diesen Jahres will die GAG Immobilien AG 600 Wohnungen an die Mieter verkauft haben. „Wir liegen ganz gut im Soll“, berichtet Elmar Lieser, leitender Mitarbeiter der GAG. Wie viele der in Buchforst angebotenen Wohnungen inzwischen verkauft sind, konnte er allerdings nicht sagen.

„Die GAG hilft ihren Mietern, durch Eigentumsbildung zusätzliche Altersvorsorge zu betreiben“, formulierte der Aufsichtsrat in einer Pressemitteilung vom März diesen Jahres sein Ziel der Privatisierung. Dagegen kritisiert SPD-Mann Zorn: „Es ist Besorgnis erregend, dass die Wohnungen mit der Klausel ‚Gekauft wie gesehen‘ verkauft werden“. Am Kauf interessierte Mieter müssten selber Gutachten über den Zustand der angebotenen Wohnungen erstellen und bezahlen. Viele wollen das Risiko, ihre Mietwohnung zu kaufen, nicht eingehen, weil sie nicht wissen, was passiert, wenn sie ihre Arbeit verlieren sollten. Mit 20 Prozent Arbeitslosenquote nimmt Buchforst einen Spitzenposition in der Kölner Arbeitslosenstatistik ein. Tendenz steigend.

Inzwischen verdichten sich nach Angaben von Martin Zorn die Gerüchte, dass nach der Kommunalwahl der Verkauf aller Kölner GAG-Wohnungen wieder auf der Tagesordnung stehe. „Alle Gerüchte und Sorgen der Buchforster sind Folge der schlechten Kommunikation durch die GAG“, beschwert er sich. Eine Diskussionsveranstaltung heute Abend mit der GAG beim „Runden Tisch Buchforst“ soll den BewohnerInnen des Viertels Klarheit bringen.

19.30 Uhr, Runder Tisch Buchforst, Stadtteilzentrum Buchforst, Eulerstr. 11