Emanzipation durch Schulung

Weil’s die Betriebe nicht tun, sollen jetzt die Betriebsräte für Gleichstellung sorgen

BERLIN taz ■ Die Hälfte junger Frauen entscheidet sich immer noch für die zehn klassischen Frauenberufe. Arzthelferin gehört dazu, Frisörin sowieso. Und was sagt die DGB-Vize Ursula Engelen-Kefer über ihre Geschlechtsgenossinnen? „Vielleicht sind sie gar nicht so dumm. Weil sie ahnen könnten, wie schwierig es ist, in klassischen Männerdomänen Fuß zu fassen.“

Resignation ist aber das Letzte, was die Gewerkschaftsaktivistin dabei empfindet. „Wirtschaft und Bundesregierung müssen endlich erkennen, dass freiwillige Vereinbarungen nicht ausreichen“, sagte Engelen-Kefer. Die Bundesregierung will bald die Ergebnisse einer freiwilligen Vereinbarung mit den Wirtschaftsverbänden zur Gleichstellung bilanzieren. Denn nach Studien des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung kommen nur 6,5 Prozent der Unternehmen der Selbstverpflichtung nach. Viele Frauen fordern daher eine härtere Gangart gegenüber der Wirtschaft.

Engelen-Kefer will sich mit Forderungen nach gesetzlichen Regelungen zunächst zurückhalten. Stattdessen will sie bestehende Möglichkeiten ausschöpfen, sagte sie auf einer Konferenz des DGB-Aktionsprogramms „Chancen!Gleich“. Als Instrument der Gleichstellung hat Engelen-Kefer das neue Betriebsverfasssungsgesetz entdeckt. Es biete Spielräume, um Frauen durch gezielte betriebliche Weiterbildung zu fördern.

Der Arbeitsrechtler Ulrich Mückenberger hat unterdessen herausgefunden, dass die Gleichstellung zur „existenziellen Überlebensfrage“ für Unternehmen wird – in 20 bis 30 Jahren. Der Hamburger Professor meint: Wenn es durch die Alterung der Gesellschaft erst zu einem Arbeitskräftemangel komme, dann würden Angebote der Kinderbetreuung oder Gleitzeitmodelle für Frauen über das Überleben eines Unternehmens entscheiden. THILO SCHMIDT