Hosen runter für Bremen

Mit einem Damenslip, hochhackigen Sandalen und Frauenfüßen will Bremen für sich werben – und erntet stattdessen Protest. Verantwortliche Herren sind überrascht und verweisen auf die Adressaten der Anzeige, die anderes nicht verstünden

Bremen taz ■ „Da wollen wir nichts zu sagen“, sagt die Frauenstimme. „das haben wir so angewiesen bekommen. Von unserm Chef.“ Das Objekt des Nichts-zu-Sagens ist ein Foto, darauf zwei Frauenfüße in Stilettos, um deren Gelenke sich ein transparenter Damenslip wickelt. Darunter steht das Logo der Bremer Neubürgeragentur und der Satz „Schon wieder umziehen?“ Mit diesem Motiv wirbt die Neubürgeragentur in den Zeitschriften „Mix“ und „Bremer“ für Bremen. Und für die Umzugshilfe, die die Agentur leistet.

„Empört, wütend, entsetzt“ ist Brigitte Lück, Mitarbeiterin der Bremer Frauenbeauftragten, über die Anzeige. „Solch sexistische Werbung“ müsse sofort eingestellt werden, schrieb gestern eine Leserin der taz. Und eine Umfrage des Regionalmagazins buten un binnen erbrachte mindestens Irritation, überwiegend aber Ablehnung.

„Mich überrascht die Aufregung“, erklärt Bernd Linke. Er ist der Chef der Frau am Telefon, seine Firma managt im Auftrag des Senats die Neubürgeragentur. Linke ist verwundert, denn das Motiv „hat ja sogar eine Frau entworfen.“ Er habe daraufhin eine Umfrage unter seinen weiblichen Angestellten – „die sind zwischen 22 und 52“ – gestartet. „Da habe alle gesagt, das finden wir nicht anzüglich.“ Findet Bernd Linke die Frauenfüße samt Höschen, die suggerieren, dass einen Meter höher kein Stoff mehr das Geschlecht verhüllt, findet Bernd Linke das nicht anzüglich? „Ich bin da nicht kompetent“, antwortet er. Aber er kann dem Motiv inzwischen aus anderen Gründen nichts mehr abgewinnen: „Es ist offensichtlich nicht gelungen, den gedanklichen Umschlag hinzukriegen.“

Kein Wunder, kein Mensch wechselt den Slip, wenn er die Schuhe noch anhat. Bleibt man doch immer so elend hängen an den Absätzen. Von „Umziehen“ kann also kaum die Rede sein, wenn überhaupt, dann von „Ausziehen“. Aber das wollen die Bremer doch gerade vermeiden – schließlich bringt jeder Bremer Kopf 3.000 Euro im Länderfinanzausgleich. „Im Nachhinein muss man sich natürlich fragen, ob unser Anliegen vernünftig transportiert ist“, sagt Linke, dessen Firma „im Übrigen hochtrockene und hochseriöse Aktivitäten“ ausübt. Und nein, diese Anzeige werde kein weiteres Mal erscheinen. Und ja, in seiner Firma fassten sich alle an den Kopf, was die Aufregung soll, insbesondere die unbetroffenen Mitarbeiterinnen.

Das mit den Frauen in seiner Firma, die an Stilettos hängende Höschen offenbar werbewirksam finden, hat Linke auch der Frauenbeauftragten-Mitarbeiterin Lück erzählt. Lück gestern: „Da hab ich zu ihm gesagt: Wissen Sie, Herr Linke, Geschlecht alleine reicht nicht.“

Noch ein weiterer Mann gab sich gestern überrascht: Klaus Sondergeld, als Chef der landeseigenen Bremen Marketing GmbH auch Bernd Linkes Chef in Sachen Neubürgeragentur. „Wer regt sich denn auf?“, fragt Sondergeld, es handele sich um ein Motiv, „das wir nur in Szenezeitungen verwendet haben.“ Dann setzt er nach, etwas leiser: „Sie kennen das kommunikative Umfeld. Dem versucht die Anzeige zu entsprechen.“ Und: „In diesem Umfeld muss man brüllen, damit man gehört wird.“ Man habe die Hosen-High-Heels-Frauenfüße in einer ganzen Reihe von Motiven zur Kenntnis genommen und weiter nichts dabei gefunden. „Wir haben das alle hingenommen als Versuch, frech zu sein“, so Sondergeld, „in einer Tageszeitung würde sowas nie auftauchen.“Susanne Gieffers