Telefon und Strom im Doppelpack

Stromanbieter machen der Telekom Konkurrenz – auch auf der so genannten letzten Meile. Telekom klagt dagegen

BERLIN taz ■ Die Telekom wehrt sich seit dieser Woche vor dem Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe gegen regionale Stromversorger, die neben ihre Stromleitungen Telefonkabel legen und ihr so Konkurrenz machen. Die Schwerter Stadtwerke und die Allgäuer Überlandwerke bieten Kunden so genannte Kopplungsangebote: „Wer Strom und Telefon über uns bezieht, kriegt beides billiger.“

Die Telekom plädiert auf „marktbeherrschende Stellung“ der Energieversorgungsunternehmen. Schließlich biete die Telekom ihren Kunden keinen Strom an, könne deshalb Strom nicht billiger verkaufen, sagt ein Sprecher. „Wir müssten – um wettbewerbsfähig zu bleiben – die Telefondienste also doppelt so billig machen wie die Energieversorger.“

Nicht das einzige Argument der Telekom. „Während die anderen sich überlegen können, welchen Preis sie am Montag anbieten, sind wir reguliert“, sagt der Sprecher. Das bedeutet: Preisänderungen müssen jedes Mal von der Regulierungsbehörde für Telekom und Post genehmigt werden. Und das braucht Zeit.

Die Telekom hat 98 Prozent aller Hausanschlüsse – die letzten 300 Meter gelten als so genannte letzte Meile – in der Hand. Noch. Denn wegen solcher Kopplungsangebote wie von den Stadtwerken muss die Telekom zunehmend fürchten, Kunden zu verlieren. In Städten, wo Stromleitungen in Kanälen liegen, können problemlos Glasfaserkabel daneben gelegt werden. Um profitabel zu sein, reicht es, bis zu den Verteilungsstellen der Telekom zu legen. „Nur in den letzten 300 Metern stecken dann noch Geld und Profit der Telekom“, sagt Ralf Lehnert vom Institut für Nachrichtentechnik der TU Dresden.

Sind also marode Straßen, die – mit neu verlegten Strom- und Glasfaserkabeln – saniert werden, und das auch auf der „letzten Meile“, eine Gefahr für Marktführer Telekom? „Wenn man die finanzielle Situation der Gemeinden und die Intervalle von Investitionen kennt, dann dauert das noch 10 bis 20 Jahre“, sagt TU-Experte Lehnert. Für die Kunden bieten die Leitungen jedenfalls technische Vorteile: Glasfaser verfügt über Bandbreiten, mit denen wesentlich größere Datenmengen wesentlich schneller übertragen können.

Technisch denkbar wäre durchaus, übers Stromnetz zu telefonieren. Allerdings scheint die Technik nur schwer aus den Kinderschuhen rauszukommen. Stromleitungen, die auch noch hochfrequente Signale – also schneller Internetzugang und Telefon – transportieren, strahlen. Lehnert, der an der Entwicklung dieser Technik mitarbeitet: „Bei Modellversuchen haben sich Amateurfunker beschwert, weil ihre Frequenzen durch die Strahlung gestört wurden.“

Im Haushalt kann das dazu führen, dass andere elektrische Geräte – ferngesteuerte Technik – gestört werden. „Jeder Haushalt hat andere Geräte, die Wechselwirkungen sind noch längst nicht alle erforscht“, erklärt Helmut Alt vom Essener Energiekonzern RWE. „Es ist nicht ohne Grund so, dass man im Flugzeug das Handy abstellen muss“, sagt er über die Strahlungen.

Das Kartellamt hat in den jetzt begonnenen Verhandlungen dafür plädiert, den Stadtwerken Recht zu geben. Der Kartellsenat des BGH entscheidet am 4. November. MAREKE ADEN

www.ifn.et.tu-dresden.de