Schwarz-Grün bricht

In Saarbrücken ist die Koalition aus CDU und Grünen zu Ende – weil ein Parkplatz nicht Grünfläche werden darf

SAARBRÜCKEN taz ■ Das Glockenspiel des Saarbrücker Rathauses bimmelt seit einiger Zeit den Beatles-Song „Yesterday“. Täglich viermal schallt es vom Turm herunter. Die Stadtrats-SPD findet das völlig korrekt – denn auch die schwarz-grüne Saarbrücker Koalition ist ja von gestern. So ist es. Am Dienstagabend stimmten die Grünen zusammen mit der SPD-Opposition gegen den Nachtragshaushalt und damit gegen die Stimmen des bisherigen Koalitionspartners CDU. Deren Fraktionschef Martin Karren beteuerte, dass die Hand der CDU ausgestreckt bleibe. Die Grünen könnten wieder einschlagen.

Die Grünen aber wollen nicht mehr. Und die Sozialdemokraten noch nicht. Das bedeutet: Bis zur Kommunalwahl im Juni 2004 werden die drei Parteien im Stadtparlament wohl mit wechselnden Mehrheiten operieren – unter einem grünen Bürgermeister. Kajo Breuer führt die Amtsgeschäfte des vom Dienst suspendierten Oberbürgermeisters Hajo Hoffmann (SPD). Der wurde wegen Korruption zu einer Geldstrafe verurteilt und strengte ein Berufungsverfahren an, das noch in diesem Jahr eröffnet werden soll.

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Claudia Schmidt, sagte, die Union habe sich seit einiger Zeit in der Koalition nicht mehr kooperativ gezeigt. Eine echte Provokation aber sei die Kehrtwende der CDU bei der Umgestaltung des Beethovenplatzes von einem Parkplatz in eine Grünfläche gewesen. Union und Grüne hatten die Umgestaltung im Mai im Stadrat beschlossen – nun will die CDU von diesem Beschluss nichts mehr wissen.

Den Nachtragshaushalt hat die grüne Fraktion nun abgelehnt, weil in dem vom CDU-Kämmerer erarbeiteten Papier die Gelder für diverse soziale Projekte radikal zusammengestrichen worden seien – „gegen die im Koalitionsvertrag festgeschriebenen Zielsetzungen“, so die Grüne Schmidt.

Politische Delikatesse am Rande: Auch der grüne Bürgermeister Breuer stimmte für den Nachtragshaushalt. Dessen Zurückweisung durch den Stadrat blockiere wichtige Investitionsvorhaben und rufe den Sparkommissar von der anderen Saarseite auf den Plan. Dort residiert die saarländische Landesregierung, welche die Landeshauptstadt unter landeshoheitliche Kuratel gestellt hat.

Die grüne Fraktionsvorsitzende Schmidt wirft der Union vor, das Ende der Koalition aus wahltaktischen Gründen provoziert zu haben. Im nächsten Jahr seien Kommunalwahlen – und drei Monate danach Landtagswahlen. Bei Ministerpräsident Peter Müller (CDU) lägen Umfrageergebnisse in der Schublade, wonach die Saarbrücker CDU innerhalb der schwarz-grünen Koalition zehn Prozent der Wählerstimmen verloren habe. „Das ist der Hintergrund für die Sabotage der Koalition durch die Union“, sagte Schmidt.

CDU-Fraktionschef Karren sieht das anders. Seine Partei habe den Aufstand der Bevölkerung gegen die Umgestaltung des Beethovenplatzes nicht ausgehalten. Daher habe sie den umstrittenen Antrag auf Erhalt der Parkplätze eingebracht, den SPD und CDU dann gemeinsam verabschiedeten – gegen die Stimmen der Grünen.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT