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„Viele Bremer kennen Bremen nicht“: Der „Tag der Regionen“ will das Bewusstsein für den eigenen Lebensraum stärken

Bremen taz ■ Am 5. Oktober wird bundesweit der „Tag der Regionen“ begangen – das klingt fast so bieder und traditionalistisch, wie sich viele Städter das ländliche Leben vorstellen. Dabei hat das verantwortliche Aktionsbündnis für ebendiesen Tag anspruchsvolle Ziele formuliert: unter anderem mehr Verbraucher-Verantwortung, fairen Handel und weniger Zentralismus großer Konzerne. Und obwohl der Schwerpunkt auf dem ländlichen Raum liegt, sind auch die Städte dabei: In Bremen gibt es zehn Aktionen.

Brigitte Hilcher ist die norddeutsche Koordinatorin des Bündnisses, das 31 Verbände, darunter der BUND und der Bundesverband der Verbraucherzentralen, im letzten Jahr gegründet haben. „Die Idee ist, dass die regionalen Betriebe auf sich aufmerksam machen und untereinander kooperieren“, sagt sie, „zum Beispiel, wenn ein Restaurant die Produkte aus der heimischen Landwirtschaft verwendet.“ Also wird es am Sonntag in vielen Gemeinden Märkte mit Produkten vom nächsten Bauern geben, Fahrradtouren durch die Umgebung oder Kochkurse, in denen heimisches Fleisch verbraten wird.

Die Stärken der Regionen – kurze Wege, umweltfreundliche Herstellung und ein ausgeprägtes soziales Umfeld – gelte es voranzutreiben, so Hilcher. Die Probleme lägen in zwei Extremen: Entweder die Regionen verkommen zu Wohnsiedlungen ohne kulturelles Leben, oder übertriebener Zusammenhalt führt zur Abschottung. Außerdem gebe es in manchen Gebieten Stillstand und fest gefahrene Strukturen. „Das zu ändern, liegt allerdings in den Händen der Menschen vor Ort“, sagt Hilcher. Damit spricht sie das Problem des Regionen-Tages an: Wo Betriebe und kulturelle Einrichtungen nicht mitspielen, da läuft die Aktion ins Leere. Denn das Bündnis gibt nur ein öffentlichkeitswirksames Dach, agiert aber nicht selbst.

„Die Veranstaltung gelingt nur, wenn die Akteure mitziehen“, sagt auch Jürgen Seevers, verantwortlich für den Tag der Regionen in Bremen und dem südlichen Umland. Seevers schlägt in dieselbe Kerbe wie Hilcher: Wichtig sei, sich für den unmittelbaren Lebensraum einzusetzen, aber gleichzeitig offen für die Welt zu sein. Das Bewusstsein für die eigene Region fehlt Seevers im Norden: In Cloppenburg werde zum Beispiel vor allem Fleisch für den Weltmarkt produziert. „Und was kommt dabei heraus? Massen-Viehhaltung!“ Ein norddeutsches Gegenbeispiel falle ihm nicht ein, „aber ich kenne auch nicht alle Gegenden“.

Seevers bringt den „Tag der Regionen“ in die Stadt. Für ihn ist das kein Widerspruch. „Viele Bremer kennen Bremen nicht, es gibt schließlich die verschiedensten Stadtteile“. Im Gegensatz zu anderen Ländern bekomme der Bremer „Tag der Regionen“ aber keine Unterstützung vom Senat. „Schade, wir hatten dort schriftlich angefragt“, sagt Seevers. Markus Beyer vom Senator für Inneres gibt sich ahnungslos: „Wir wissen von der Aktion hier nichts“.

In Niedersachsen dagegen ist Landwirtschaftsminister Hans-Heinrich Ehlen (CDU) Schirmherr. Für ihn hat der ländliche Raum vor allem ein Imageproblem: „Dass so viele Gemeinden mitmachen, zeigt doch, dass die Regionen intakt sind.“ Wirtschaftlich benötigten die kleinen Betriebe jedoch Unterstützung. Dafür habe das Land eine Marketinggesellschaft mitgegründet. Momentan ist Ehlen aber „richtig sauer“ auf die geplante Kürzung der Pendlerpauschale: „Das läuft der Stärkung der Regionen doch komplett zuwider“.Holger Heitmann

www.tag-der-regionen.de