Gottschalk, Becker und Biolek

Von Wowereit lernen heißt feiern lernen. Wie der Regierende Bürgermeister seinen 50. Geburtstag öffentlich zelebrierte, erklärt seinen Erfolg: fröhliches Dazugehören

Ein Fünfzigjähriger, der aussieht wie vierzig, was will man mehr, hat Boris Becker gesagt. Immer wieder schmeichelten Gratulanten in dieser Woche Klaus Wowereit, wie frisch er wirke. Und es stimmt ja auch. Ein über das ganze Gesicht strahlender Regierender sah an seinem fünzigsten Geburtstag wirklich sehr jung aus: Der Mann hat sich gefreut wie ein Kind. Das ist schön, wäre aber eigentlich nicht der Rede wert. Wenn es nicht um Klaus Wowereit ginge. Denn wer über die Politik dieses Regierenden Bürgermeister schreibt, darf zu seinen Festen nicht schweigen.

Zuerst gratulierte der politische Betrieb. Die SPD lud am Mittwochmorgen zu einem Empfang im Abgeordnetenhaus. Bundeskanzler Gerhard Schröder und SPD-Landeschef Peter Strieder hielten zwei kurze Ansprachen, die etwas gemeinsam hatten: Beide entdeckten im Geburtstagskind vor allem eines – sich selbst. „Nicht in die Wiege gelegt“ sei Wowereit der Erfolg, so der Kanzler, er habe ihn sich vielmehr „selbst erarbeitet“. Dies sei eine „Parallele“ zu seiner eigenen Biografie, sprach Schröder aus, was auch der letzte der 300 Geladenen längst begriffen hatte. Im Übrigen habe Wowereit mit seinem Coming-out „vielen Menschen Mut gemacht“.

Strieder, der als Professorensohn keine proletarische Herkunft reklamierte, verwies stattdessen auf gemeinsame Leistungen: In „drei Jahren Zusammenarbeit“ habe man „Leadership“ bewiesen. „Ich hätte dir auch den Parteivorsitz schenken können“, scherzte er, wissend, wie froh Wowereit doch ist, den ungeliebten Vorsitzenden Strieder zu haben: „Die SPD, lieber Klaus, wird dich nicht allzu sehr quälen. Dafür hat sie andere.“

Einen Hauch von Charme gab der Veranstaltung allein die Fraktion der Grünen. Zum Chor aufgestellt, bot sie die Melodie eines Schlagers von Roy Black: „Schön ist es, an der Macht zu sein“. Die Stimmen waren überfordert, die Reime holprig, aber der vom ehemaligen Fraktionschef Wolfgang Wieland selbst gedichtete Text enthielt ein paar Wahrheiten.

Der wirkliche „Kaisergeburtstag“ (Politikjargon) stieg erst am Abend. „Ganz privat 110 Freunde“ hatte Wowereit eingeladen in die „Bar jeder Vernunft“. Ein seltsames Verständnis von „privat“, könnte man meinen, wenn eine Stunde für Fotografen eingerichtet wird. Und ein seltsames Verständnis von „Freunden“, wenn vor allem Prominente eingeladen werden. Aber diese Kritik greift nicht: Neben Gottschalk, Becker, Biolek und Udo Walz ist Wowereit ganz bei sich und empfindet echtes Glück. So ist er.

Deshalb war der Versuch Wowereits, sich über Fotos mit Sektgläsern und die Auflistung seiner Society-Termine als „Regierender Partymeister“ darzustellen, gleichzeitig erfolgreich und erfolglos. Das Etikett haftet an Wowereit, aber es diskreditiert ihn nicht. Im Gegenteil: Der Politiker Wowereit, der nur Streichen, Rückführen, Kürzen zu bieten hat, wird erst möglich durch den „Society-Wowi“, mit dem die Leute eben nicht Politik, sondern einfach fröhliches Dazugehören verbinden.Wie hatten die Grünen morgens gesungen: „Die Welt wird immer kleiner, die Probleme riesengroß / Bei mir als Partymeister wird man diese Sorgen los.“ ROBIN ALEXANDER