Geist gestrichen

Die Ruhr-Universität Bochum befürchtet Mittelkürzungen und will deshalb offenbar elf Millionen Euro sparen – zu Lasten der Geisteswissenschaften

VON BORIS R. ROSENKRANZ

Anfang 2006 werden die Universitäten in NRW dem so genannten Globalhaushalt unterworfen. Dieses Vorhaben soll für mehr Finanzautonomie in den Hochschulen sorgen. Statt wie üblich aus mehreren Töpfen, können die Unis dann aus einem Topf schöpfen und somit einfacher wirtschaften. Offenbar müssen aber deshalb schon heute Abstriche gemacht werden.

Denn finanzielle Freiheit bedeutet nicht gleich, dass auch stets genug Geld vorhanden ist. So könnten ab 2006 die Finanzen an einigen Universitäten knapper werden. Die Ruhr-Universität Bochum (RUB) befürchtet beispielsweise, durch den Globalhaushalt könnten ihr rund acht Millionen Euro fehlen – ein Batzen Geld, der nach taz-Information zu einem beträchtlichen Teil schon jetzt, vor Einführung des neuen Haushalts, eingespart werden soll. Vorsicht ist schließlich besser als Nachsicht.

Fraglich ist nur, auf wessen Rücken die finanzielle Hungerkur ausgetragen wird. Denn zusätzlich zu den besagten acht Millionen Euro will die RUB weitere neun Millionen abknapsen, um daraus einen „Innovationsfond“ zu zimmern. Infolge dessen sollen wohl besonders die Geistes- und Sozialwissenschaften der RUB leiden. Klaus Kahnert, Mitarbeiter am Institut für Philosophie, rechnet damit, dass „die ohnehin nur noch Mangel verwaltenden Geistes- und Sozialwissenschaften“ allein fünf der insgesamt elf einzusparenden Millionen tragen müssten. Die Naturwissenschaften, so Kahnert, müssten dagegen nur etwa eine Million abgeben. Und das, obschon sie größer und vor allem finanzstärker seien, als die Geisteswissenschaften. Die restlichen elf Millionen verteilen sich auf andere Abteilungen der Universität, zum Beispiel auf die Verwaltung und die Ingenieurwissenschaften.

Was Philosoph Kahnert aber am meisten fuchst: Ob überhaupt gespart werden muss, ist bisher reine Spekulation. Wird der Uni überhaupt Geld genommen? Ein Sprecher des NRW-Ministeriums für Forschung und Wissenschaft bestätigte, dass „weder im aktuellen Doppelhaushalt, noch für den Globalhaushalt 2006“ Kürzungen vorgesehen seien. Ausruhen kann man sich darauf freilich nicht. Schließlich wisse niemand, was der Landtag 2006 beschließe, räumt der Sprecher ein. Dann könnte es also vielleicht doch an Geld mangeln.

Das meint auch Josef König, Pressesprecher der RUB. Natürlich beteuere das Ministerium, es werde keine Kürzungen geben. „Wir wissen aber noch nicht, wer 2006 regiert – vielleicht wird ja doch gekürzt“, sagt König. Deshalb entwickle das Rektorat derzeit Szenarien für den Fall, dass 2006 Geld fehle. Pläne aber, bereits vorher zu sparen, gebe es definitiv keine, wird König nicht müde zu betonen. Die Universität habe ihre Fakultäten lediglich überprüft und ihnen Zahlen vorgelegt. Da gebe es welche, die besser dastünden als andere. Die Biologie zum Beispiel, die König als „Schmuckstück“ rühmt.

Dort ist auch Elmar Weiler zuhause, der mit den Finanzen betraute Prorektor der RUB. Zwar hatte Rektor Gerhard Wagner, Ingenieur, qua Funktion das Sparprogramm abgesegnet. Mit der Umsetzung ist nun aber Weiler betraut. Deshalb kursierten an der RUB schnell Vorwürfe, Weiler plane reichlich eigennützig, indem er seine wissenschaftliche Heimat weitgehend schütze. Natürlich sind das nur Gerüchte. Der Streit jedoch, der zwischen den Geistes- und Naturwissenschaftlern herrscht, ist beinahe so alt wie die Wissenschaften selbst. Ganz nebenbei: Nicht nur die Biologie ist ein Juwel der RUB. Auch die Fakultät für Philosophie zähle zu den renommiertesten der Republik, wie Kahnert ausdrücklich betont.