Einzelkämpfer im Kölner Kommunalwahlkampf
: Gut trainiert ins Rennen

„Wenn ich mich beteilige, kann ich auch nicht meckern“, begründet Jürgen Neubürger sein erwachtes politisches Engagement. Der Vater von zwei Töchtern war noch nie in seinem Leben politisch aktiv. Jetzt tritt er als Einzelkandidat bei der Kommunalwahl für den Kölner Stadtrat an. Im Wahlkreis 34 (Niehl III/Weidenpesch) kämpft er um die Wählergunst. Er muss am 26. September die Mehrheit der Stimmen auf sich vereinigen, um in den Rat zu kommen. „Da bin ich ganz optimistisch“, sagt Neubürger. Er sei bewusst in keiner Partei, damit er keinen Zwängen, keinem Klüngel unterliege. Neubürger ist überzeugt, dass die Parteien generell alle verkrustet sind. „Ich will als Unparteiischer auf den Tisch hauen“, erklärt er.

Als Einzelkämpfer hat der 43-Jährige Erfahrung. Schließlich ist er seit 1996 Marathonläufer. Er ist in Berlin, Hamburg, Bonn und 2001 auch in New York mitgelaufen. Platz 7.217 hat er dort erreicht; immerhin waren 30.000 LäuferInnen am Start. Und natürlich hat der geborene Kölner jeden Marathonlauf in der Domstadt mitgemacht. Seine persönliche Bestzeit beträgt 3:10:00 Stunden. Der sportbegeisterte Neubürger trainiert regelmäßig. Zweimal 20 km Laufen und 19 km Inlineskaten um den Fühlinger See gehören zum Wochenpensum – damit er auch am Sonntag fit an den Start gehen kann.

„Ich bin Leiter der Staffel Marathon bei der KVB“, verrät Neubürger, während er stolz die Urkunden von den Marathonläufen zeigt. Im Berufsleben ist er Bezirksleiter im Bereich U-Bahn. Er kümmert sich um die Sicherheit zwischen Gürtel und Ebertplatz. Der studierte Maschinenbauer arbeitet seit 1981 als Sicherheitsfachkraft bei der KVB. Er bearbeitet Unfälle sowie Sachbeschädigungen und macht Verbesserungsvorschläge.

Aber eigentlich ist er auch so eine Art Sozialarbeiter. Vor fünf Jahren fing er an, sich um die Schüler, die tagtäglich die U-Bahn bevölkern, zu kümmern. Zu fünf Schulen hält er ständigen Kontakt und spricht dann auch schon mal mit den Lehrern, wenn es Probleme mit den Schülern gibt. „Irgendwie bin ich wie eine Mutter für alle“, verkündet er mit einem Lachen. Er kümmere sich auch um die Obdachlosen oder Junkies. Erst vor kurzem habe er einen Obdachlosen mit Verletzungen zum Arzt begleitet. „Ich habe hier noch nie Ärger gehabt“, berichtet Neubürger.

Politisch gibt er sich keinen Illusionen hin. In der Politik könne man nicht viel ändern, aber man könne Vorschläge machen. „Ich will Ideen einbringen, die sich an den Interessen der Bürger orientieren“, umschreibt Neubürger sein politisches Credo. Es gäbe durchaus Chancen, die verkrusteten politischen Strukturen aufzubrechen. „Sonst würde ich nicht kandidieren“, sagt Jürgen Neubürger.

Konkret will er in der Pallenbergstraße nicht ausschließlich Roma unterbringen. Ihm schwebt als Kompromiss ein Jugendprojekt mit Migranten vor. Auf der Weidenpescher Pferderennbahn hätte er am liebsten gar keine Bebauung. Sollte diese nicht verhindert werden können, müsste das gesamte Gelände als Naherholungsgebiet für alle zugänglich gemacht werden. Schließlich wünscht er sich mehr Sicherheit in der U-Bahn. „Auf jedem Bahnsteig sollte, wie in London, eine Sicherheitskraft stehen“, schlägt Neubürger vor.

Und wenn‘s mit dem Ratsmandat doch nicht klappen sollte? „Dann ärgere ich mich bestimmt nicht.“ Thomas Spolert