Bürger kurven durch die Pampa

In dünn besiedelten Regionen Brandenburgs ist ein professioneller Linienverkehr nicht rentabel. Nun sollen in Gransee Ehrenamtliche mit Kleinbussen die Mobilität der Landbevölkerung verbessern

VON JULIANE GRINGER

In Gransee lenken bald Bürger ihren Bus selbst. Die brandenburgische Stadt nördlich von Oranienburg will den ersten „Bürgerbus“ der neuen Länder ins Leben rufen. Im Kleinbus mit 8 Plätzen sollen ab Anfang 2005 ehrenamtliche Fahrer auf einer festen Route ihren Mitbürgern mehr Mobilität verschaffen. Für die neuen Länder hat das Projekt Pilotcharakter, in den alten sind Bürgerbusse schon etabliert und werden gut angenommen. Rund 100 Initiativen gibt es dort, vor allem in Nordrhein-Westfalen.

Der Bürgerbus in Gransee soll nun vor allem die Lücke zwischen dem Schülerverkehr schließen. In vielen dünn besiedelten Regionen ist der in den Linienverkehr integriert. Dort fahren die Busse nur dem Stundenplan angepasst: frühmorgens und dann erst wieder nachmittags. Gerade für Senioren sind so beispielsweise Arzttermine in der nächsten Stadt mit einer stressigen Anfahrt und langen Wartezeiten verbunden.

„Die Bürgerbusse machen ein Angebot, wo vorher keins war“, sagt Sabine Vogel, Pressereferentin beim Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB), der das Projekt unterstützt. Sinkende Bevölkerungszahlen wie in Brandenburg – in Teilen des Landes leben nur 20 bis 30 Menschen auf einem Quadratkilometer – machen einen dichten Fahrplan mit großen Linienbussen kaum mehr finanzierbar.

So steht und fällt das Bürgerbus-Projekt auch mit freiwilligen Helfern, die bereit sind, regelmäßig hinterm Steuer zu sitzen. Viele von ihnen werden Rentner sein, die eine sinnvolle Beschäftigung suchen. Weitere Anreize sind der Kontakt zu den Mitbewohnern der Stadt und ein reges Vereinsleben. Die Fahrer brauchen lediglich einen normalen Pkw-Führerschein und den so genannten kleinen Personenbeförderungsschein, der nach einer ärztlichen Untersuchung ausgestellt wird. Die Konzession des Busses gehört der Oberhavel Verkehrsgesellschaft, die Kunden können zum üblichen VBB-Tarif mitfahren. Ein Verein mit ersten Freiwilligen ist in Gransee schon gegründet. Vorgestern stellte er das Projekt in der oberhavelländischen Stadt auf einer Bürgervollversammlung vor.

Das Konzept kommt vom Zentrum Technik und Gesellschaft (ZTG) der Technischen Universität Berlin. Dort entstand es im Rahmen des Projekts „Impuls 2005“, das vom Bundesforschungsministerium gefördert wird. Das ZTG suchte nach Alternativen zum öffentlichen Personennahverkehr in Brandenburg. Schwierigkeiten habe dabei vor allem die enge und veraltete Gesetzgebung für den öffentlichen Personennahverkehr bereitet, sagt Schenk. Dazu komme, dass so gut wie jeder, der in den dünn besiedelten Regionen Brandenburgs einen Führerschein hat, auch ein eigenes Auto besitzt.

„Die Menschen dann davon zu überzeugen, selbst aktiv zu werden und Initiativen zu gründen, war äußerst schwierig“, sagt Eckart Schenk. Das ZTG stellte seine Ideen in vielen Gemeinden vor. Die Bewohner reagierten jedoch sehr skeptisch, Starthilfe für lokale Initiativen zu geben. „Gerade durch ihre Wurzeln in der ehemaligen DDR haben viele schlechte Erfahrungen mit dem damals noch staatlich verordneten Ehrenamt gemacht“, glaubt Schenk. Das Projekt in Gransee soll nun Signalwirkung haben – und andere Gemeinden zum Nachahmen auffordern.