Nächste Runde im Streit um den Zuckermarkt

Die EU versucht, weitreichende Konsequenzen aus der WTO-Kritik an Europas Zuckersubventionen zu umgehen

BRÜSSEL taz ■ Im Zuckerstreit spielt die EU-Kommission auf Zeit. Zwar räumte ein Sprecher von Agrarkommissar Franz Fischler gestern ein, dass die geplante Reform der Zuckermarktordnung nicht ausreichen wird, um die Kritik der Welthandelsorganisation (WTO) am Subventionssystem aus der Welt zu räumen. Der Schiedsspruch war der Kommission am Mittwoch zugeleitet worden. Sie hat nun zwei Monate Zeit, Stellung zu nehmen. Weitere sechs Monate können bis zum einem endgültigen Urteil vergehen. Bis dahin will Brüssel eigene Vorschläge auf den Tisch legen. Bislang war eine Rückführung der subventionierten Zuckerproduktion von 17,4 auf 14,4 Millionen Tonnen geplant. Der WTO-Spruch dürfte eine drastischere Reform notwendig machen.

Brasilien, Thailand und Australien hatten mit dem Argument gegen die EU geklagt, die EU-Subventionen hätten indirekte Auswirkungen auf den freien, nicht durch Sondergenehmigungen gedeckten Teil des Zuckerhandels, den so genannten C-Zucker. Die großzügigen Garantiepreise, die von der EU für einen Teil des Exports gezahlt würden, ermöglichten es den Zuckerherstellern, auch den freien Zucker billiger auf den Weltmarkt zu bringen. Durch diese Quersubventionierung seien andere Länder in ihren Marktchancen eingeschränkt.

Oxfam-Sprecher Jo Leadbeater forderte die Kommission auf, die WTO-Empfehlungen zügig umzusetzen. Sonderbedingungen für Entwicklungsländer seien aber weiter zulässig. Das bezweifeln die so genannten AKP-Staaten, die ihre Sonderkonditionen in Gefahr sehen.

Der Konflikt wird zwischen den ärmsten Spielern auf dem Weltmarkt und den so genannten Schwellenländern ausgetragen, die von einer völligen Liberalisierung profitieren würden. Der World Wildlife Fund schätzt, dass die Subventionspolitik der EU den Weltmarktpreis um 17 Prozent drückt und die Absatzmöglichkeiten anderer Zuckerexporteure um 10 Millionen Tonnen verringert. Würden die Subventionen drastisch gekürzt, könnte Brasilien seine führende Stellung als größter Zuckerexporteur auf dem Weltmarkt weiter ausbauen. Die ärmsten Länder würden dann aber völlig leer ausgehen. DANIELA WEINGÄRTNER