Private Klonerlaubnis für die Silberlinge

Justizministerin Zypries will das Kopieren von CDs und DVDs weiter erlauben. Tauschbörsen sollen als Bagatelle gelten

BERLIN taz ■ Bundesjustizministerin Brigitte Zypries hat dem Druck der Musik- und Filmwirtschaft nicht nachgegeben. Die Privatkopie einer CD oder DVD für Freunde und Verwandte bleibt zulässig – jedenfalls soweit der Hersteller das Speichermedium nicht mit einem Kopierschutz versehen hat. Dies erklärte die Ministerin gestern bei der Vorstellung eines Gesetzentwurfs zum Urheberrecht.

Schon seit letzten September gilt: Der Hersteller darf seine CDs und DVDs technisch gegen das Kopieren schützen. Es ist verboten, den Kopierschutz zu knacken. Weil der Kopierschutz aber unbeliebt ist und teilweise technische Schwierigkeiten verursacht, ist die Privatkopie weiterhin bei vielen neuen Tonträgern möglich – bei alten CDs sowieso.

Als Ausgleich erhalten die Urheber Geld von den Verwertungsgesellschaften, etwa der Gema. Diese verlangt auf alle Geräte, mit denen Musik kopiert werden kann, eine Abgabe, ebenso auf CD-Rohlinge und Kassetten.

Hier will Zypries zwei Neuerungen einführen. Zum einen soll es nicht mehr darauf ankommen, dass das Gerät zum Kopieren von Musik „bestimmt“ ist. Künftig genügt, dass ein Gerätetyp „in nennenswertem Umfang“ für Privatkopien genutzt wird. Deshalb dürften Computer bald ein paar Euro teurer werden. Um eine schnelle Klärung bei Streitfragen und über die Höhe der jeweiligen Abgabe zu erreichen, soll es nicht mehr jahrelange Gerichtsverfahren geben, sondern eine sechsmonatige Schlichtung mit nur einer anschließenden Gerichtsinstanz.

Auch in einem weiteren Punkt hat Zypries auch dem Wunsch der Phonoindustrie nicht nachgegeben. Die wollte, dass Schadensersatzprozesse gegen die Nutzer von Tauschbörsen erleichtert werden. Bisher und auch weiterhin kann nur die Staatsanwaltschaft Nutzerdaten bei den Providern anfordern.

Die Staatsanwaltschaft ist aber nur für strafrechtliche Ermittlungen zuständig. Wichtig ist daher die Ankündigung von Ministerin Zypries, dass es künftig eine Bagatellklausel für die Nutzung von Internet-Tauschbörsen geben wird. Wer dort „nur in geringem Umfang und nur zu privaten Zwecken“ Musik kopiert, macht sich aber noch nicht strafbar, sagte Zypries der taz. Außerdem will die Ministerin dafür sorgen, dass die Plattenfirmen leichter alte Musik auf CD herausbringen können. Bisher mussten jeweils Texter und Komponist gefragt werden. Diese waren oft aber nicht mehr oder nur schwer auffindbar.

Jetzt sollen die Urheber (oder ihre Erben) nur ein Jahr ab Inkrafttreten des Gesetzes Zeit haben, einer CD-Verwertung zu widersprechen. Damit sich solche Probleme nicht wiederholen, sollen Urheber künftig ihre Rechte auch für noch unbekannte Nutzungsarten auf Plattenfirmen und Verlage übertragen können. Im Gegenzug erhalten sie eine jederzeitige Widerspruchsmöglichkeit. Die Blockade der neuen Nutzung wäre dann die Ausnahme und nicht mehr die Regel. CHRISTIAN RATH

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