Zwischen allen Wipfeln ist Ruh

Einen Kindheitstraum erfüllten sich zwei Zimmerleute in der Nähe von Dörverden bei Bremen: Sie bauten sich zwischen Eichen ein Baumhaus. Mit Stahlseilen in die Bäume gehängt, soll die Hütte ihre Wirte beim Wachstum nicht stören

Bäume beruhigen. Fünfeinhalb Meter über dem Boden auf einer Baumhaus-Veranda zwischen zwei Eichen sind die Gedanken nicht aufdringlicher als das Rauschen der Blätter, macht der Abgrund keine Angst, obwohl das Haus in der Luft hängt, mit Seilen an Stamm und Ästen befestigt und sich sachte bewegt im Rhytmus der Bäume und derjenigen, die sich dort oben befinden.

Womöglich würde eine nicht näher erforschbare Entspannungsenergie gestört, wenn die kleine Hütte an den Baum genagelt wäre. Der Grund, auf Nägel zu verzichten und das Baumhaus stattdessen in die Bäume hineinzuhängen, hat aber auch einen ganz praktischen Grund. „Der Baum soll leben, ich kann ihn ja in seinem Wachstum nicht aufhalten“, sagt Helge Homborg, selbstständiger Zimmermann, der gemeinsam mit seiner Freundin und Geschäftspartnerin das Haus in der Nähe von Dörverden bei Bremen geplant und gebaut hat. „Dort wo der Baum verletzt wird, können sich Pilze einnisten.“ Deshalb wurden für das Bauwerk auch keine Äste abgesägt. „Abschneiden gibt es bei uns nicht“, stellt Homborg klar. Sobald der Baum einen Ast verliert, der einen größeren Durchmesser hat als sechs Zentimeter, sei die Gefahr zu hoch, dass er krank wird.

Das Haus muss sich den Bäumen anpassen, nicht umgekehrt. So ist im Dach eine Ecke ausgespart, freier Weg für freie Äste. Die Baumphilosophie haben die beiden von „Baum und Haus“ von Baumrausch übernommen, einem auf Baumpflege spezialisierten Garten- und Landschaftsbaubetrieb, der zu Rate gezogen wird, wenn es darum geht, den passenden Baum zu finden. Eichen, Erlen und Buchen seien besonders geeignet, sagt Homborg.

In diesem Fall wurden die Zimmerleute fündig auf dem Hof eines befreundeten Biolandwirts, der auch das Material bezahlt hat und die Hütte gemeinsam mit den Zimmerleuten zum Auspannen nutzen will. Der Vorteil von zwei Bäumen: Der Platz ist nicht so begrenzt, keine Äste, die dazu zwingen, um die Ecke zu bauen. Daher sieht das Haus recht konventionell aus, mit einer Grundfläche von 3,30 mal 2,50 Metern und einer maximalen Höhe von 2,50 Metern und einer Veranda für den Sonnenuntergang. Haus und Plateau bestehen aus unbehandeltem Lärchenholz, weil das als eines der widerstandskräftigsten und unempfindlichsten Hölzer für Außenbauten gilt.

Am Anfang waren zwei Querhölzer, die mit Flaschenzügen in Position gezogen und dort mit den Stahlseilen am Stamm und dickeren Ästen fest gemacht wurden. Danach zimmerten die Handwerker in luftiger Höhe den Boden und das Häuschen – das Arbeitsgerüst waren die Bäume und das, was sie schon gebaut hatten. Noch fehlen die Treppe und der Innenausbau: Das Haus soll einen Ofen bekommen und so isoliert werden, dass man auch im Winter darin wohnen kann. Diese Luxus-Version hat ihren Preis: Rund 15.000 Euro verlangt Homborg. „Dafür ist aber auch alles öko.“ Wer mit weniger auskommt, vielleicht nur die Plattform braucht, muss 700 bis 800 Euro bezahlen, für eine einfache Spielhütte für Kinder kämen noch einmal 400 Euro dazu. Aber um es mit Astrid Lindgrens Mia-Maria aus der Krachmacherstraße zu sagen: „Von allen Plätzen, wo man sitzen und essen kann, mag ich am liebsten solche, die oben in einem Baum sind.“ Eiken Bruhn

Kontakt: www.baumundhaus.de, ☎ 04239 - 94 34 86