Wo sind nur die WM-Macher

Das diesjährige Internationale Stadionfest, Istaf, ist der Testlauf für die Vergabe der Leichtathletik-WM 2009. Aber nur wenn 50.000 Zuschauer kommen. Sportstar kommt schon mal nicht

Es ist keineswegs nur ein weiteres Leichtathletikspektakel. Die 63. Auflage des Internationalen Stadionfests, kurz Istaf, hat am Sonntag eine zusätzliche Disziplin: Die heißt „Vorentscheidung“, nämlich darüber, ob Berlin den Zuschlag für die Leichtathletik-WM 2009 bekommt.

Verlieren sich nur wenige zehntausend Zuschauer auf den über 74.000 Plätzen des Olympiastadions, hilft auch die schicke blaue Laufbahn nicht weiter. „Das ist eine Abstimmung mit den Füßen“, sagt Senatssprecher Michael Donnermeyer. Eine Panne gibt es schon: Die Glamour-Athletin der Istaf-Plakate, der US-Hürdenstar Gail Devers, wird nach Istaf-Angaben nicht starten. Das hat etwas von einer Partei, der vor der Wahl die bejubelte Spitzenkandidatin abhanden kommt.

50.000 Zuschauer nennt die Sportverwaltung von Senator Klaus Böger (SPD) als Messlatte. Weniger würden eben nicht gerade den erhofften Eindruck einer sportbegeisterten Stadt erzielen. Damit steht und fällt auch Berlins Chance auf die Weltmeisterschaft der Leichtathleten. Die endgültige Entscheidung fällt Anfang Dezember.

Vergangenes Jahr, als das Istaf wegen des Stadionumbaus wie 2002 im gut 20.000 Plätze großen Jahnsportpark über die Bühne ging, kamen 18.500 Besucher. „Wir hätten uns ein paar mehr gewünscht“, resümierte damals Istaf-Geschäftsführer Gerhard Janetzky. Als das Olympiastadion 2001 bislang das letzte Mal Istaf-Austragungsort war, gab es 41.000 Zuschauer. Die 50.000er-Messlatte nahm das Sportfest zuletzt 1999.

Böger-Sprecherin Rita Herrmanns redet zudem von einer Feuerprobe für die Organisatoren im frisch sanierten Stadion. Die wiederum erwarten sogar 60.000 Zuschauer im neuen Rund mit der blauen Bahn. Ob es in Berlin eine Leichtathletik-WM gibt, ist bei weitem nicht nur für Sportfans von Belang. WM-Gäste und Werbung sollen viel Geld in die Stadt bringen.

Vor zwei Jahren war Berlin mit seiner WM-Bewerbung überraschend gescheitert. Die Stadt galt als Favorit, bevor das Spitzengremium des internationalen Leichtathletikverbands 2002 in Nairobi entschied. Dort traf vor der Vergabe ein gefälschtes Fax ein, wonach das Istaf bereits Insolvenzantrag gestellt hatte. Das wurde als bewusste Torpedierung der Berliner WM-Bewerbung verstanden.

Eine sichere Abwehr gegen solche Manöver hat Berlin auch zwei Jahre später nicht. „Gegen Sabotage kann man sich schwer wehren“, sagt Donnermeyer. „Aber wir haben bei der Bewerbung nichts ausgelassen, was wir hätten tun können.“ Böger und der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) haben nach Senatsangaben bei den Olympischen Spielen in Athen zahlreiche Verantwortliche getroffen. Bereits nächstes Jahr im Juni ist Berlin Gastgeber der Beachvolleyball-WM. Diesen Sommer gab es vor dem Palast der Republik schon ein Weltcupturnier.

Dass Plakatfigur Devers wegen einer Verletzung nicht starten kann, kann man Pech nennen. Die zweifache 100-m-Olympiasiegerin und mehrfache Weltmeisterin hatte sich in Athen bereits im Vorlauf verletzt und war gestürzt. Fraglich ist aber, ob es nicht ein Risiko war, eine bereits 37-jährige und daher tendenziell verletzungsanfälligere Athletin zum Gesicht des diesjährigen Istaf zu machen. Senatssprecher Donnermeyer hat mit dem Devers-Ausfall kein Problem: „Das ist doch ein stilisiertes Plakat.“

STEFAN ALBERTI