Entspannt in Bombay

betr.: „Sign O the Times“, taz-Meinung vom 8. 9. 04

Die sattsam bekannten Beschreibungen von fröhlichen, interessierten und intelligenten Kindern zwischen Not und Elend, im Gegensatz zu Deutschland, wo wir doch alles haben und so böse schauen, was soll das eigentlich?

Was erwartet Frau Zucker als Antwort auf ihre rhetorische Frage in neoliberalem Geiste, warum in Indien nicht diese furchtbare Dumpfheit und Meckerstimmung herrscht wie in Deutschland? Mit Wiglaf Droste kann man da als Antwort nur entgegenschleudern: „Muss man erst verdurstend im Rinnstein liegen, um meckern zu dürfen?“ Die aktuelle Politik wird doch nicht erträglicher dadurch, dass in indischen Slums Kinder mit Darmkrankheiten und ohne Wasser angeblich fröhlich den Tag verbringen!

Frau Zucker fragt sich, warum ihr Bombay zehnmal aufregender als New York und gleichzeitig entspannt vorkommt. Da sie nicht selbst drauf kommt, sei ihr wie folgt geantwortet. Wenn ich mehrere Monate durch Indien fahre, dabei nur Geld ausgebe statt dort welches verdienen zu müssen und ich mich im Müßiggang von Riyaz und anderen Tagelöhnern für ein paar Rupies bedienen lasse, dann käme mir Indien ebenfalls entspannt vor. Und zehnmal aufregender als New York. Denn dort könnte ich mir das nicht leisten und müsste stattdessen wie Riyaz einen mies bezahlten Job machen und Touristen zusehen, wie aufregend und gleichzeitig dynamisch sie New York fänden. ANDREAS HOERMANN, Frankfurt