Maut wird ein Fall für die Schiedsrichter

Ob Toll Collect jemals Geld für Maut-Pannen zahlen muss, bleibt fraglich. Dass der Wegezoll kommt, ist schon sicherer

BERLIN dpa/taz ■ Es ist ein Pokerspiel wie noch nie. Nicht nur wegen der Streitsumme von 4,5 Milliarden Euro zuzüglich Zinsen, sondern auch wegen der Kontrahenten: die Bundesregierung gegen Telekom und DaimlerChrysler, zwei deutsche Weltkonzerne. Keiner weiß, wie lange die Partie dauern wird. Aber klar ist: Im Streit um die juristische Aufarbeitung des Maut-Debakels hat die Industrie zunächst einmal die besseren Karten.

Dementsprechend selbstsicher weist das Maut-Konsortium Toll Collect, an dem DaimlerChrysler und Telekom mit jeweils 45 Prozent beteiligt sind, alle Forderungen zurück. „Nicht gerechtfertigt, unbegründet und auch nicht nachvollziehbar.“ Schuldbewusstsein klingt anders. Und: Der Bund ist selbst Mehrheitsaktionär der Telekom.

Die Zuversicht der Konsortialpartner gründet sich aber vor allem auf einen Passus im 17.000-Seiten-Vertrag: „Neben der Vertragsstrafe gemäß Punkt 2 sind weitere Vertragsstrafen oder eine verschuldensabhängige Haftung des Auftragnehmers beziehungsweise der Projektgesellschaft ausgeschlossen.“

Nicht einmal in den Reihen der Koalition ist die Zuversicht besonders groß. Der SPD-Verkehrsexperte Peter Danckert bezeichnete die Hoffnung, an 4,5 Milliarden Euro zu kommen, als „völlig illusorisch“. Der Grünen-Kollege Albert Schmidt meint ebenfalls: „Rein vom Vertrag her ist wenig zu machen.“

Entscheidend ist, ob Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) dem Konsortium nachweisen kann, dass der erste Termin für den Maut-Start am 31. August 2003 von vornherein unmöglich war. Das wäre vorsätzliche Täuschung. Es gäbe Anspruch auf Schadenersatz.

Ein Schiedsgericht soll das nun klären. Die Bundesregierung benannte als ihren Schiedsmann bereits den Münchner Zivilrechtler Horst Eidenmüller. Jetzt muss das Konsortium noch seinen benennen. Beide sollen sich dann auf einen dritten Kollegen als Vorsitzenden einigen. Die Entscheidung wird frühestens in einem Jahr erwartet.

Starten soll die Maut aber noch vorher – und zwar am 1. Januar 2005. Doch gab es bei kaum einem Wirtschaftprojekt so viele Pannen wie bei der Maut, die jährlich etwa 2,4 Milliarden Euro einbringen soll. Ob dieser Termin gehalten wird? Stolpe: „Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit.“

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