Tischfußballer, vereinigt euch!

Die kleine norddeutsche Kicker-Szene macht sich von Hannover aus auf, der Öffentlichkeit zu zeigen, dass ihr Sport tatsächlich echter Sport ist

Christian Heise hat nur Augen für den kleinen Gummiball zwischen den Plastikfiguren des Kickertisches. Gezielt schlägt er ihn vorbei am gegnerischen Mittelfeld. Die Kugel verharrt an einer Stürmerfigur, dann der Schuss: Zu schnell für die Augen des Betrachters knallt der Ball ins Tor. Klapeng.

Heise kickert für die KGB. So heißt Norddeutschlands einzige Tischfußball-Bundesligamannschaft, die „Kicker-Gemeinschaft Badenstedt Hannover“. Hier gilt Kickern als echter Sport: Bis zu zehn Stunden wöchentlich trainieren KGBler im Keller eines Secondhandshops. Nebenan rocken Nachwuchsbands. Die unverputzten Gewölbe statten die KGB-Spieler derzeit mit Teppichboden und Holzpaneelen aus. Doch spielen sie auch in Hannovers Kneipen – um ehrgeizige TischfussballerInnen auf sich aufmerksam zu machen. „Es gibt viele Talente mit Potenzial“, sagt KGB-Spieler und Sozialpädagoge Frank Dörrie.

Vereinswettkämpfe allerdings gibt es bislang fast nur in Süddeutschland. Das wollen die Hannoveraner ändern. Als ersten Schritt organisierten sie Mitte September die Niedersächsischen Meisterschaften in Hemmingen bei Hannover. Als zweiten Schritt fordern sie, „dass der Landessportbund Tischfußball als Sportart anerkennt“. Davon versprechen sie sich mehr Aufmerksamkeit von Medien und Sponsoren und mehr Anerkennung. „Die Leute nehmen nur das als Sport wahr, was sie im Fernsehen sehen“, sagt Heise.

Die erste Hürde für eine Mitgliedschaft im Landessportbund ist bereits genommen: Den Landesverband gründeten die Niedersächsischen Tischfußballer während ihrer Landesmeisterschaften, genügend Vereine gibt es sowieso. Fehlt nur noch die Anerkennung des Kickerns als Sportart. LSB-Justiziar Torsten Sorge sagt: „Darüber entscheidet das Innenministerium.“ Dort jedoch erklärt Heinz-Peter Berowski: „Das entscheidet der LSB, die Entscheidung wird nur mit uns abgesprochen.“ Eine Einschätzung über den Aufnahmeantrag der Kicker wollen beide nicht abgeben. Einig sind sie sich auch darin, dass das „keine einfache Frage“ sei. Denn bei mehr LSB-Mitgliedern werden auch mehr staatliche Zuschüsse fällig.

„Bis jetzt gibt es etwa 150 ernsthaft Aktive im Norden“, schätzt Heise. Das ist wenig im Vergleich zum Saarland, wo 5.000 TischfußballerInnen organisiert sind. Doch wurde auch die Bundesliga schon vor 25 Jahren gegründet – und die KGB stieß erst Anfang des Jahres hinzu. Und noch ein Unterschied ist Heise wichtig: „Die süddeutschen Tischfußballer sind eher bürgerlich-konservativ, die norddeutsche Szene dagegen links-alternativ.“ Verläuft deshalb der Tischfußball im Süden in gut organisierten Bahnen? Martin Meyerholz vom Bremer Kicker-Club „Roter Stern“ ist überzeugt: „In Bremen wollen die meisten Leute lieber in den Kneipen rumtendeln als sich engagieren.“ Holger Heitmann