Bewegte Bilder

Die Melancholie des Vorüberziehenden: Anna Halm Schudels Fotos von einer „Unendlichen Reise“

Zu wissen, dass der eingefrorene Moment längst vergangen ist, macht einen Großteil der Faszination von Fotos aus. Wenn aber das Motiv selbst flüchtig ist, ergibt sich verblüffenderweise der umgekehrte Effekt. Mit der Kleinbildkamera hat die Schweizer Fotografin Anna Halm Schudel aus dem fahrenden Auto heraus Landschaften aufgenommen. Zeit- und raumlos erscheinen ihre Bilder, die momentan unter dem Titel Die unendliche Reise im Museum für Kunst und Gewerbe zu sehen sind. Felder, Bäume und Wiesen irgendwo in Europa sind ihre völlig unspektakulären Motive, die ohne Zoom oder Weitwinkel den normalen Blick aus dem Autofenster widerspiegeln. Dennoch strahlen diese Fotos einen eigentümlichen Reiz aus: die Melancholie des Vorüberziehenden.

Außer diesen Farbaufnahmen in Pastelltönen zeigt Halm Schudel auch eine Reihe von ursprünglich in Schwarzweiß aufgenommenen Bildern, die sie am Computer nachkoloriert hat. Mit leuchtenden Primärfarben verfremdet, ergeben sich dramatische Effekte: So wird ein ganz normaler Lastwagen auf der Autobahn durch diesen Effekt zu einem grasgrünen Monster.

Ähnlich starke Ausstrahlung wie die bewegten Bilder haben auch die Blumenfotos der Künstlerin, die im Museumsrestaurant Destille zu sehen sind. In extremen Makroaufnahmen hält Halm Schudel das Sexualleben der Blumen fest. Stempel, Fruchtknoten und Staubbeutel entfalten eine vergängliche Schönheit, Rosenblätter changieren zwischen duftig-zartem Rosa und tiefschwarzem Rot. Selbst wenn sich die Blätter schon runzeln: Schön sind die Fotos alle, kitschig oder konventionell ist keins. Karin Liebe

Museum für Kunst und Gewerbe, bis zum 9. November