Freischwimmen für städtische Bäder?

Immer wieder neu: Die Diskussion um die Finanzierung der Schwimmbäder. Doch jetzt meint es der Sportsenator ernst und will auf lange Sicht alle Bäder privatisieren. Fast alle Parteien tauchen ab, nur Grüne suchen Rettungsring fürs Bad

Immer zweimal im Jahr – einmal zu Beginn der Freibadsaison, einmal zu Beginn der Hallenbadsaison – melden sich die Sportsenatoren zu Wort und fordern Privatisierung oder Preiserhöhungen, Schließungen oder Entlassungen bei den Bädern. Seit fast zehn Jahren läutet die Diskussion um diese kommunalen Einrichtungen die Diskussion über die Sparzwänge des öffentlichen Haushalts ein. Letzte Woche war es wieder so weit. Eine „Infrastruktur GmbH“ für die noch verbliebenen 64 Bäder der Hauptstadt forderte SPD-Sportsenator Böger im Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses. Ziel: Berlin wolle sich mittelfristig von der Rolle als Bäderbetreiber verabschieden. „Berlin muss schwimmen und schwitzen nicht staatlich betreiben“, meinte der Senator. Schöne Polemik.

1995 wurde beschlossen, den Bezirken die Verantwortung über die Bäder zu nehmen und sie an eine Anstalt öffentlichen Rechts zu übertragen: die Berliner Bäder-Betriebe (BBB). Eine Kostenersparnis von mehreren hunderttausend Mark sollte damit erreicht werden. Nur so könnten langfristig die Bäder offen bleiben, lautete die damalige Argumentation. Mittlerweile wurden 13 Badeanstalten geschlossen, weitere stehen vor dem Aus. Nun soll es eine GmbH richten. Unter deren Federführung könne die Privatisierung vorangetrieben und überzähligem Personal gekündigt werden.

Bäder sind eines jener Paradebeispiele, an denen sich die Definition von kommunalen Aufgaben kristallisiert. Haben Bürger und Bürgerinnen Anspruch darauf, dass sie mit Steuergeldern finanziert werden, weil sie kostendeckend nicht zu betreiben sind? Sind sie ein von Steuergeldern finanzierter Luxus oder eine gesellschaftliche Notwendigkeit?

Antworten auf solche Fragen geben die Politiker nicht, wohl aber nutzen die Parteien jeden Vorstoß, der mit den Bädern zusammenhängt, um sich zu positionieren. CDU-Landesschef Jürgen Zeller warnt vor der Privatisierung. Schul- und Vereinssport seien bei privatisierten Bädern nicht mehr zu gewährleisten. Die Vereine aber sind ein wichtiger Lobbyist. Durchaus CDU-nah. Allerdings auch nicht SPD-fern. Deshalb moniert der SPD-Fraktionschef Michael Müller Bögers Vorstoß als mit der Partei nicht abgestimmt. Er fragt sich, wer die Bäder denn kaufen solle. Die PDS hat sich noch nicht positioniert. Ihr Sportpolitiker Kaczmarczyk sieht, einem Zeitungsbericht zufolge, jedoch fiskalische Vorteile einer GmbH, denn die Bäderbetriebe hätten zu hohe Personalkosten.

Einzige Partei, die sich mit Argumenten wie Gesundheitsprävention und „kostengünstige und familienfreundliche Naherholung“ zu Wort meldet, sind die Grünen. Felicitas Kubala, sportpolitische Sprecherin, verweist darauf, dass der Senat es versäumt habe, von den Bäderbetrieben ein solides Konsolidierungskonzept einzufordern. Dass Privatisierung ganz neue Probleme schaffe, zeigten die bisherigen Erfahrungen. Investitionen in die Infrastruktur unterblieben. Für verpachtete Strandbäder kann das bestätigt werden. Nach Beobachtungen der taz sind diesen Sommer am Plötzensee Baumneupflanzungen vertrocknet, weil es dem Betreiber zu teuer war, den Rasen zu sprengen. WALTRAUD SCHWAB