Die Witwe ist keine 18 Prozent-Frau

Carola Möllemann-Appelhoff tritt als OB-Kandidatin der Liberalen in Münster an. Die FDP-Politikerin und Witwe von Jürgen W. Möllemann will mehr für Handel und Industrie tun und auf keinen Fall eine Wahlprognose abgeben

Neoliberal aber doch auch sozial, so will Carola Möllemann-Appelhoff bei den Wählern in Münster rüberkommen. Am 26. September tritt sie für die FDP zur OB-Wahl an. Wie nebenbei erzählt die 55-Jährige mitten im Wahlkampf vor Journalisten vom Prominentenkellnern für die Krebshilfe und ihrem 5-Kilometer-Lauf zu Gunsten der Welthungerhilfe. Die gebürtige Recklinghäuserin sieht „keine Alternative“ zu Hartz, will aber den Bürgern beim Ausfüllen der Anträge für das Arbeitslosengeld II zur Seite stehen. Auch die Kinder- und Jugendpolitik liegt der Gymnasiallehrerin und Mutter zweier Töchter stark am Herzen. „Wenn ich ehrenamtlich arbeiten würde, dann mit Kindern“ sagt sie. Zu ihrem Einsatz für die Kleinen passt nicht ganz der steife, etwas verbitterte Zug um den Mund.

Möllemann-Appelhoff ist kein Neuling in der Politik, sie war nicht nur die starke Frau hinter dem starken (Mölle)Mann. 1970 trat sie in die FDP ein, seit 1979 sitzt sie im Rat der Stadt Münster. Unterbrochen wurde ihre Tätigkeit nur von 1994 bis1999, als die Liberalen aus dem Rat rausflogen. Seit der letzten Wahlperiode sitzt sie ihrer Fraktion vor.

Außer für die von der Stadt geplante Musikhalle („die wird es mit uns nicht geben“) ist Möllemann für jedes Bauprojekt zu haben: Eine neue Einkaufspassage, ein 18-stöckiger Bürokomplex, die Ansiedlung von Industrie begeistert sie. Wenn sie vom Straßenbau spricht, weiß man, für wen sie Lobbypolitik betreibt: „Die mit den Autos kommen, geben mehr Geld aus, als die Fahrradfahrer“. In diese Schiene passt auch ihr Einsatz für den Bau des umstrittenen Parkplatzes unter dem Ludgeri-Kreisel – gegen die Mehrheit der Münsteraner Bevölkerung. Die scheinen aus Sicht von Möllemann-Appelhoff sowieso nur Bremsklötze zu sein: „Wäre es nach den Bürgern gegangen, wäre der Flughafen Münster/Osnabrück nie gebaut worden“, sagt sie in kühlem Ton. Das geplante Gewerbegebiet dort könne nur zum Erfolg werden, wenn die Start- und Landebahn verlängert würde.

Protzig wie ihre Projekte ist die Frau des verstorbenen FDP-Problemkindes nicht. Dezent und unauffällig erscheint sie. Und eine Anhängerin der vollmundigen 18-Prozent-Kampagne von Jürgen Möllemann scheint sie auch nicht zu sein. Denn Möllemann-Appelhoff will für Münsters FDP keine Wahlprognose wagen. Nur eines strebt sie an: „Wir wollen die absolute Mehrheit der CDU brechen.“

Mit den Christdemokraten würde sie wohl gerne in der Kirchenstadt regieren, sieht ihren potentiellen Koalitionspartner aber durchaus kritisch: In fünf Jahren absoluter CDU-Mehrheit sei die Pro-Kopf-Verschuldung der Münsteraner um 64 Prozent gestiegen. Da hat sie auch für SPD und Bündnis-Grüne sogar ein paar lobende Worte übrig. „Von wegen Rot-Grün könnte nicht mit Geld umgehen“, sagt sie und ihr Lachen wirkt wieder ein bisschen zu gewollt lustig.

NATALIE WIESMANN