Ein Platz auf dem Sonnendeck

Hamburg bekommt eine Architektur-Uni mit Sitz in der Hafencity. Kunsthochschule, HAW und TU drohen kräftig zu schrumpfen. Alle drei wollen im neuen Haus Regie führen und die Richtung der Ausbildung bestimmen. Diese Woche entscheidet der Senat

Von EVA WEIKERT

Jetzt ist es amtlich: Während der unterfinanzierten Universität Fächerkahlschlag droht, soll Hamburg in der Hafencity eine Architektur-Hochschule bekommen. So sieht es der CDU-Senat in seinem kürzlich präsentierten Sonderinvestitionsprogramm vor. Die Bau-Uni bündelt Studiengänge der Kunsthochschule (HfbK), der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) und der Technischen Uni (TU) in Harburg. Weil mindestens zwei dieser Drei im Gegenzug kräftig schrumpfen, kommt kein Jubel über die neue Lehrstätte auf. Wer dort das Sagen hat, will der Senat diese Woche bekannt geben.

„Wir orientieren uns am Ergebnis des Moderationsprozesses zur Reform der Bauausbildung“, sagt Sabine Neumann, Sprecherin der Wissenschaftsbehörde. Demnach denkt Präses Jörg Dräger (parteilos) an eine eigenständige Uni oder an deren Organisation unterm HfbK-Dach. Beides wären für HAW wie TU bittere Pillen. „Wir haben angeboten, die neue Uni vom Berliner Tor aus zu verwalten“, so Michael Stawicki, Chef der früheren Fachhochschule (FH). Und auch die Techniker wollen Regie führen. „Setzt man uns vorn aufs Schiff“, findet TU-Sprecherin Jutta Werner, „kann es gleich volle Fahrt aufnehmen.“

Der Wetteifer hat seinen Grund. So soll die Uni in einem „architektonisch anspruchsvollen Neubau in exponierter Lage“ im Hafen residieren, meldet das Rathaus. Die Lehrstätte leiste „einen wichtigen Beitrag zur Belebung der Hafencity“, begründet der Senat die noch unbezifferte millionenschwere Ausgabe. Die Idee der Architekten-Schmiede am Wasser stiftete Oberbaudirektor Jörn Walter. Zuvor hatten sich im Streit über eine gemeinsame Architektenausbildung die Positionen festgefahren.

Derzeit lernen Architekten an zwei Orten, der HfbK am Lerchenfeld und der HAW. Der Senat wollte eigentlich beide Angebote mit den Geomaten und Bauingenieuren der HAW auf deren Campus in der City Nord bündeln. Doch die HfbK lehnte den Umzug zur Fachhochschule ab, weil sie um den künstlerischen Anteil im Studium bangt. Ohne die Architekten verblieben der HfbK zudem höchsten 500 ihrer 1.200 Studierenden. „Quantitativ zählen wir dann nicht mehr zu den Größten in Deutschland“, beklagt HfbK-Präsident Martin Köttering, „und lägen auf dem Niveau von Saarbrücken oder Mainz.“

Die Harburger müssen ein Zehntel ihrer Professoren und 440 von 5.300 Studierenden abgeben. „Die Trennung ist schmerzhaft“, sagt TU-Sprecherin Werner. „Wir hätten lieber ein Zehntel dazu.“ Die HAW, noch zweitgrößte FH bundesweit, zeigt gemischte Gefühle: „Für die Stadt ist die Bau-Uni die beste Lösung“, räumt Stawicki ein, dessen Haus etwa 15 Prozent seiner rund 13.000 Studierenden abgibt. „Aber wir verlieren einen großen und attraktiven Bereich.“

Auch sorgt er sich, dass die FH-Professoren und -Studierenden in der neuen Uni „die Underdogs werden und keinen Platz auf dem Sonnendeck kriegen“. Um das zu verhindern, müsse das Haus Bewerbern ohne Abi offen stehen und die Bezüge der HAW-Dozenten angeglichen werden. „Wir brauchen nicht nur Stararchitekten, sondern auch welche für Butter-und-Brot-Bauten“, so der HAW-Chef. Kollege Köttering vom Lerchenfeld mahnt dagegen, die Bau-Hochschule sei nur eine „großartige Lösung“, solange sie „eng an die künstlerischen Disziplinen angebunden ist“.

Da muss sich der HfbK-Chef nicht sorgen. Hatte doch Senator Dräger zuletzt betont, er halte es für „richtig“, gemäß der Empfehlung der Moderationsrunde in der Bauausbildung „einen entwerferisch-künstlerischen Schwerpunkt zu setzen“.