„Studienerfahrung prägt die Elite“

Zur Gründung der ersten deutschen Universität im Ausland flogen Kanzler Gerhard Schröder und Wissenschaftsministerin Edelgard Bulmahn nach Kairo. Der taz erklärte Bulmahn, warum die Internationalisierung des Hochschulbetriebs wichtig ist

Interview KARIM EL-GAWHARY

taz: Frau Bulmahn, der internationale Austausch sei Voraussetzung für moderne Hochschulen, für Spitzenforschung und Innovation, haben Sie heute erklärt. Ist die Gründung einer deutschen Hochschule in Kairo Teil einer Strategie, das deutsche Universitätswesen zu internationalisieren?

Edelgard Bulmahn: Es steckt ein System dahinter. Insgesamt wird das Ministerium Auslandsgründungen und die Auslagerung deutscher Universitäten mit 100 Millionen Euro fördern. Deutsche Wissenschaft und Forschung ist wettbewerbsstark, und deutsche Universitäten sind leistungsstark. Universitätsgründungen wie die heutige der German University in Cairo spielen eine wichtige Rolle, damit wir uns im internationalen wissenschaftlichen Wettbewerb behaupten. Auch der Deutsche Akademische Austauschdienst, die deutsche Wirtschaft, Bundesländer und Hochschulen engagieren sich in diesem Bereich.

Ist deutsche Bildung also ein Exportprodukt?

Ganz sicher. Deutsche Wissenschaft hat nicht nur Botschafterfunktion, sondern ist auch als Exportgut nachgefragt. Aber die Inhalte, die in den Universitäten vermittelt werden, zeigen nicht nur, dass wir das Land Goethes und Schillers sind, sondern dass wir auch andere Vorzüge haben, durch die es sich lohnt, mit uns zu kooperieren.

Welchen Umfang hat Ihr Programm der Internationalisierung?

Unser 100-Millionen-Euro-Programm ist nur ein Startschuss. Über 30 Hochschulen haben, wenngleich nicht wie hier in Kairo eine ganze Universität, so doch einzelne Institute mitgegründet. Was uns freut, ist, dass in ganz Deutschland Hochschulen die Initiative ergriffen haben. Das ist die Voraussetzung für dauerhaften Erfolg.

Ich kann neben der Zusammenarbeit der Universitäten Stuttgart und Ulm mit Kairo nur einige Aktivitäten nennen. Wir haben eine weitere Gründung in Singapur zusammen mit der TU-München im Bereich Naturwissenschaft und Ingenieurswesens. Die TU-Dresden arbeitet mit der Universität Hanoi im Bereich Maschinenbau, die Uni Göttingen in Indonesien auf dem Gebiet der tropischen Agrarwissenschaften. Die Fachhochschule Kiel errichtet ein Institut für Frauen- und Genderforschung im südafrikanischen Pretoria. Der Schwerpunkt liegt in Südostasien und Osteuropa und auf dem Bereich Ingenieurswissenschaften. Das hat mit Wachstumsmärkten, aber auch mit den bereits vorhandenen Partnerschaften deutscher Universitäten zu tun.

Hat das auch Rückwirkungen auf Deutschland?

Ich verspreche mir einen Effekt auf die deutsche Wirtschaft, wenn wir in der internationalen Wissenschaft stärker vertreten sind. Deutschland wird dadurch auch für ausländische Wissenschaftler attraktiver. Der Anteil ausländischer Studenten in Deutschland liegt bei etwa 15 Prozent. An der Universität Stuttgart, die ja auch ein Partner für die Deutsche Universität in Kairo ist, sind es sogar 28 Prozent.

Sind deutsche Universitäten auch ein Spielfeld für die Liberalisierung der Universitäten in Deutschland – Stichworte: Privatisierung und Studiengebühren? Ein Studium in Kairo kostet immerhin 5.000 Euro im Jahr.

Nach dem Bundesrecht sind private Universitäten in Deutschland nicht untersagt. Darüber entscheiden die Länder. Nach Bundesrecht dürfen deutsche Universitäten auch Studiengebühren für ausländische Studenten verlangen.

Bei der Eröffnung der Deutschen Universität in Kairo hat man mit Bundeskanzler Schröder ein politisches Schwergewicht aufgefahren.

Das ist ein klares politisches Signal für die guten Beziehungen zu Ägypten und der Anerkennung der wichtigen Rolle, die das Land im Nahen Osten spielt. Das sollte sich nicht auf die Außenpolitik beschränken. Es ist überfällig anzuerkennen, dass nicht nur diplomatische und wirtschaftliche Beziehungen, sondern auch Wissenschaft und Forschung ein wichtiger Teil der Zusammenarbeit zwischen Ländern darstellt. Die Elite eines Landes wird durch ihre Studienerfahrungen geprägt. Deutsche Universitäten im Ausland sind da ein wichtiger Baustein, und auch das Stipendienprogramm muss weitergeführt werden. Es gibt 130 ägyptische Wissenschaftler, die in Deutschland arbeiten, und wir hoffen, dass die ausländischen Studenten an unseren Hochschulen eine positive Einstellung zu unserem Land gewinnen.

Spielte der 11. September ein Rolle bei der Universitätsgründung in Kairo?

Die Initiative ist älter als der 11. September, aber natürlich ist eine solche Gründung wichtig, um gegenseitige Toleranz zu schaffen. Wissenschaft und Forschung führen zum Respekt vor den anderen und sind damit eine wichtige Voraussetzung, dass Menschen nicht zu Doktrinären werden.