Gedanken auf Leinwand

Wider die einseitig eindeutigen Formulierungen: Zum 75. Geburtstag würdigt die Galerie der Gegenwart den Hamburger und Kopenhagener Künstler Arthur Köpcke. Oder Addi Køpcke?

von HAJO SCHIFF

In Kopenhagen und Hamburg ist Arthur Köpcke – in der Kunstgeschichte eher bekannt unter dem Namen Addi Køpcke – in Kunstkreisen legendär. Aber wie es Legenden so an sich haben, ist ihr eigentliches Werk nur in Teilen bekannt. Das hat auch viel mit dem Kunstverständnis der 60er Jahre zu tun. Denn was bei Fluxuskunst an Performancerequisiten oder schnellen Collagen aus peripheren Materialien übrig blieb, lässt sich schwer musealisieren. Selbst wenn Josph Beuys einst schrieb: „Ich denke jede Nacht an Addi Køpcke“, entzieht sich die Bedeutung einer einige Jahre auch als Galerist tätigen Person als Anreger und Vermittler neuer Kunsttendenzen einer objektiven Erfassung.

Die Hamburger Kunsthalle hat in den letzten Jahrzehnten eine ganze Reihe von Arbeiten des 1928 in Altona geborenen, 1958 aber nach Kopenhagen gegangenen Künstlers erwerben können. Anlässlich des 75. Geburtstages des leider schon 1977 verstorbenen Addi Køpcke zeigt die Kunsthalle nun eine später nach Düsseldorf und Kassel weitergehende Sonderausstellung, die durch Leihgaben aus deutschen und dänischen Privatsammlungen auf etwa 40 Exponate erweitert wurde.

Einen konzentrierten Einblick in die zentralen Gedanken des Künstlers bietet das Manuskript der „Reading-work-pieces“, 51 Seiten mit den oft lapidaren Kurzkonzepten von 127 realisierten und angedachten Arbeiten. Die daraus realisierten großen Rollbilder auf Leinwand mit ihren Bild-Text-Kodierungen, geschriebenen Handlungsanweisungen, offenen Fragen und Leerstellen sehen zwar bildhaft aus, sind aber „Gedanken auf Leinwand“, wie es Fluxuskollege Henning Christiansen ausdrückte. Und sie sind ohne die aktive Mitarbeit der Betrachter nicht vollständig. Denn gleich ob in der literarischen und künstlerischen Produktion: Addi Køpcke misstraute einseitig eindeutigen Formulierungen.

In den zwei- und dreidimensionalen Objekten dieser Ausstellung verblüfft nicht nur die anregende Intelligenz jenes rund dreißig Jahre alten, multimedialen Ansatzes, die Gedanken aufzuscheuchen und im Dialog mit dem Benutzer der Kunstprodukte neu zu sortieren. In der Auseinandersetzung Addi Køpckes mit der Populärkultur überrascht zudem, dass er im Gegensatz zu vielen Fluxuskollegen bei aller Dynamisierung des Kunstbegriffs sich auch immer als ein Maler verstand.

Aber ähnlich wie bei den zahlenkodierten Rebusbildern geht es auch bei den gemalten Collagen um die Neukodierbarkeit der Realität in Richtung auf Veränderungsenergie und Befreiung des Alltags sowohl von den falschen Traditionen wie dem Scheinglück der Werbewelt. „Fill: with own imagination“, war einer von Addi Køpckes Kernsätzen. Und das hat bis heute nichts an Gültigkeit verloren.

„ART IS WORK IS ART – Arthur Köpcke zum 75. Geburtstag“, Galerie der Gegenwart – Kunsthalle; Di–So 10–18, Do bis 21 Uhr; bis 30. November