Im Taxi begrabscht

Taxifahrer wird wegen sexueller Belästigung verurteilt. Doch er beharrt darauf, dass die Frau wegen „psychischer Probleme“ überreagiert habe

Bremen taz ■ Für den Angeklagten Hamid V. war die Sache ganz einfach. Die Frau, die ihn bezichtigte, sie in seinem Taxi sexuell belästigt zu haben, habe wegen einer vier Jahre zurückliegenden Vergewaltigung psychische Probleme und würde deshalb überreagieren. Außerdem sei sie in der Nacht vom 3. auf den 4. August 2001 betrunken gewesen und hätte ihn um eine Massage gebeten. Doch anders als sich selbst konnte er gestern das Gericht nicht von dieser Version überzeugen. Der Amtsrichter sah es vielmehr als erwiesen an, dass der 46-jährige Taxifahrer eine damals 18-jährige Auszubildende gegen ihren Willen in seinem Taxi an den Schultern festgehalten und ihr an die Brust gefasst habe. Wegen sexueller Nötigung wurde Hamid V. zu einem Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt.

„Selbst wenn sie Miss Germany gewesen wäre, hätte ich kein Interesse an ihr gehabt“, erklärte der Angeklagte, der wiederholt erwähnte, dass er sich für Menschen- und besonders Frauenrechte in seinem Heimatland Iran einsetze. Auch seine Anwältin legte dem Gericht nahe, daraus den Schluss zu ziehen, ihr Mandant käme deshalb als Sexualstraftäter nicht in Frage. „Das ist doch kaum vorstellbar“, so Verteidigerin Margot Reinhardt. Vorstellbar fand sie es allerdings, dass die junge Frau trotz ihrer Vergewaltigung einen wildfremden Mann um eine Massage bittet. Die Erklärung Reinhardts für die „angebliche Belästigung“: Die Frau habe sich so „in den Gedanken verbissen, dass ein Mann das Taxi gefahren hat“, dass sie Hamid V. eine sexuelle Belästigung unterstellte. Außerdem konnte die Verteidigerin nicht glauben, dass die junge Frau auf der Geburtstagsfeier ihres Freundes nur zwei Gläser Sekt getrunken hatte. „Das ist in sieben Stunden doch etwas wenig.“

Doch die Frisör-Auszubildende ließ sich von den zum Teil abstrusen, zum Teil verletzenden Fragen der Verteidigerin nicht aus der Fassung bringen. Sie sagte aus, dass sie die zunächst verbalen Annäherungsversuche von Hamid V. als unangenehm empfunden und sein Massageangebot abgelehnt habe. Zeugen bestätigten, dass sie weder be- noch angetrunken war, als sie mit dem Taxi nach Hause fuhr.

Besonders gravierend fand die Staatsanwältin Tanja Wyluda, dass die Frau ein Frauennachttaxi bestellt hatte. „Das nehmen nicht Gestörte oder Geschädigte in Anspruch, sondern Frauen, die sicher nach Hause kommen wollen.“ Hamid V. habe diesen Auftrag nicht erfüllt, sondern im Gegenteil die Situation ausgenutzt. Gegen ihn spreche auch, dass er keine Schuld eingestehen würde. „Wie fast immer bei Sexualdelikten gibt es außer dem Täter und dem Opfer keine Zeugen“, so die Staatsanwältin. Doch aufgrund der verworrenen Angaben des Angeklagten und der nach Ansicht des Gerichts glaubwürdigeren Aussage der Geschädigten gab es keinen Zweifel daran, wessen Version zu glauben war. Eiken Bruhn