berliner szenen (S)Passbilder

Blutrünstige B-Filme

Wenn man beim Meldeamt ungültige Passfotos abgibt, auf denen zwei Milimeter Kopf fehlen, nölt die Meldestellengrazie: „Da könnten Sie ja einen Blutschwamm haben!“ und schickt einen in den Imbiss gegenüber, wo sich ein findiger Imbissbesitzer mit billig produzierten und teuer verkauften Polaroids seine Hüftgelenke vergoldet.

„Gucken Sie bitte mal aufs Twix“, sagt der unverschämte Imbissbesitzer dann und blitzt einem mit der schrottigen Kamera derart ins Gesicht, dass man den Pass hernach niemandem zeigen kann. (Ich habe mir ohnehin angewöhnt, bei solchen Gelegenheiten aufs Kitkat White zu gucken, das hebt meine Stimmung.)

Ausgerechnet beim bfilm-Digital-Festival, über das ich seit Tagen glücklich stolpere, und das mich vollends davon überzeugt hat, dass sich der Aufwand mit den vielen schweren Kameras, den ständig verloren gehenden Filmrollen und dem Riesenstab nicht lohnt, saß jener Halsabschneider von einem Imbisshöllenbesitzer am Dienstag neben mir. Er staunte mit mir über einen hühnerblutigen Voodoo-Film, gackerte mit mir bei dem Trash-Opus „Operation Dance Sensation“, in dem mehr Kunstblut vergossen wurde, als sich die Voodoo-Clique aus dem Film davor je träumen ließe. Später, nach dem Film, als ich im Programmheft blätterte, baute er sich vor mir auf, knibbelte mit den Augendeckeln und sagte: „Wir kennen uns doch, oder?“ Mir war aber überhaupt nicht nach Flirten. Sauer stieß es mir auf, dass der Mann Geld mit meinem angeblichen Blutschwamm macht, dass er sich dann auch noch nicht mal daran erinnert. „Noch so’n Spruch: Kieferbruch“, murmelte ich darum nur gefährlich. Und zog von dannen, die Fäuste ballend, bis das Weiße im Knöchel zu sehen war. JENNI ZYLKA