„Ohne uns wäre das nie rausgekommen!“

Der Ring Christlich-Demokratischer Studenten ist stolz auf seine Spürnase. Dank seiner Klagen wurde die Verschwenderei der Studentenvertretungen wieder mal publik. RCDS-Chefin von Wnuk-Lipinski über den Unterschied zwischen Service und Service und die Zwangsauflösung der Studiparlamente

Interview von CHRISTIAN FÜLLER

taz: Was ist eigentlich passiert, dass die RCDS-Vorsitzende sich wieder so aufregen muss.

Barbara von Wnuk-Lipinski: Es darf einfach nicht mehr sein, dass die Studentenausschüsse Allgemeinpolitik auf Kosten anderer Studierender treiben! Und obendrein noch Geld für absurde Veranstaltungen verprassen.

Was meinen Sie damit?

In Braunschweig durften Frauen ihren eigenen Körper entdecken und auf den so genannten Freudenstrahl hoffen – in einem Seminar und auf Kosten des Asta! Wenn wir vom RCDS da nicht Alarm geschlagen hätten, wäre das nie rausgekommen. Das ist nur ein Beispiel von vielen. In Bonn werden tausende von Euro studentischer Gelder für das Schwulenreferat ausgegeben …

ist das etwa keine sinnvolle Ausgabe?

Es kommt darauf an, wie man das ausgestaltet. Massieren ist zwar wichtig, vor allem im Winter. Nach meinem Geschmack gehört aber ein Seminar, in dem man Massage treibt, nicht in die Kategorie Studentenservice. Die zwangsverfasste Studentenschaft muss sich darum nicht kümmern. Sozialprojekte kann das Studentenwerk viel besser.

Die Frage, die sich trotz Ihres Spürsinns stellt: Ist der RCDS, obwohl er in fast allen deutschen Studentenparlamenten sitzt, zu schwach, diese Geldverschleuderei zu kontrollieren?

Das versuchen wir ja. Aber wenn man nicht drinsitzt im Asta, ist das schwierig.

Wieso schwierig? Die Asten können das Geld nicht freihändig vergeben. Den Haushalt muss doch das Studiparlament genehmigen, oder?

Der Asta ist die Regierung. Die kann auch ohne Zustimmung des RCDS einen Haushalt durchbringen. Auf manche Verrücktheiten hinzuweisen, wie wir es beständig tun, dafür fehlt leider die öffentliche Aufmerksamkeit.

Und weil der RCDS mit dieser Aufgabe scheitert, fordern Sie jetzt die Abschaffung der kompletten Studentenvertretung: Weg mit dem Asta, Auflösung der Studentenparlamente?

Ja, gerade weil wir immer wieder auf die Schwächen des zwangsverfassten Modells hingewiesen haben, sind wir zu diesem Schluss gekommen. Das heißt aber nicht, dass wir gegen studentische Vertretungen sind. Wir wollen es bloß anders organisieren: als Studentenkonferenz.

Was ist an diesem Modell besser?

Zum einen werden die Wahlen nicht über das ganze Jahr verteilt, sondern man wählt nur an einem Tag – dann, wenn alle Universitätsmitglieder ihre Gremien wählen. Zum Zweiten gibt es eine enge Verknüpfung zwischen den studentischen Vertretern in Senat und Fachschaften. Der Vorsitzende der Studentenkonferenz wäre Mitglied im Senat. Das stellt sicher, dass es künftig mehr um studentische Politik geht als um die Revolution in Kuba.

Was ändert sich finanziell? Auch für Ihre Studi-Vertretung in Form eines Senatsunterausschusses müssen Studis Beiträge abdrücken – zwangsweise!

Es geht uns auch um das allgemeinpolitische Mandat. Das Problem ist doch, dass Asten ständig glauben, im Namen ihrer beitragszahlenden Studenten hochtönende politische Statements abzugeben. Ohne dass die Studenten sich dagegen wehren können. Nur in Sachsen-Anhalt kann man sich rausklagen.

Sie sagen, dass die Studentenwerke den Service besser können. Jetzt meinen Sie, auch die Fachschaften sollen Service anbieten. Wie unterscheiden sich Service und Service?

Der Service unterscheidet sich insofern, als dass der Service der Fachschaften Service von Studenten für Studenten ist. Studenten helfen Studenten. Aber Studenten helfen nicht einer speziellen politischen Gruppierung.

Haben Sie Beispiele?

Eine Klausurensammlung ist ein typisches Beispiel. Oder eine Berufungskommission zu besetzen. Es geht ja nicht darum, dass Studenten nicht bereit wären, für Verbesserung der Studienbedingungen Geld auszugeben.

Das klingt nach versteckter Studiengebühr. Studierende zahlen künftig nicht mehr für die Kosten ihrer politischen Selbstbestimmung, sondern für gute Studienbedingungen. Wozu pulvert denn der Staat Milliarden in die Unis?

Die staatlichen Aufwendungen sind rückläufig. Da müssen wir überlegen, wie wir die Studentenschaften so organisieren, dass sie sich lautstark artikulieren können. Außerdem: Es ist ja nicht Aufgabe des Staates, Klausurensammlungen zu subventionieren.

Ist es richtig, dass in Ihrem Modell die Uni den Haushalt der Studenten genehmigt?

Das ist ohnehin die Regel, jedenfalls die geschriebene. Nur nimmt kaum eine Uni dieses Recht wahr.

Das ist doch im Grunde eine Riesenschlamperei. Die Hochschule passt nicht auf, der RCDS versagt, sogar die Rechnungshöfe sind machtlos – und die linken Asten schmeißen das Geld mit vollen Händen hinaus.

Das müssen Sie verstehen, die Unis haben ja nicht das Interesse, den Service für die Studenten zu finanzieren. Das müssen wir schon selbst organisieren – mit dem hessischen Modell der Studentenkonferenz.

Aber in Hessen vertritt gar niemand ihr Modell? Nicht mal Wissenschaftsminister Corts (CDU) spricht noch davon.

Doch, der RCDS-Landesverband hat es beschlossen. Aber auch in der CDU gibt es Minister ohne Rückgrat.

Wir haben uns sagen lassen, dass Hessens RCDS Abstand davon genommen hat, weil er in Frankfurt/Main den Asta stellt – und also keine Lust hat, sich selbst zu enthaupten.

Wir sind im Asta in Frankfurt und nehmen, im Gegensatz zu den linken Kollegen, die Interessen der Studenten wahr. Aber das könnten wir genauso gut in der Studentenkonferenz tun.