Wassertrinker zahlen Ruhrauen

Der Ruhrverband rühmt seine Arbeit und bezeichnet die Ruhr als „saubersten Industriefluss der Welt“. Eine EU-Studie kommt jedoch zu einem anderen Ergebnis. Anstieg des Wasserpreises droht.

AUS ESSEN ULLA JASPER

Zechensterben, Strukturwandel und Rückgang der Schwerindustrie haben für das Ruhrgebiet auch eine positive Seite: Die Wasserqualität der Ruhr und ihrer Nebenflüsse ist in den letzten drei Jahrzehnten kontinuierlich besser geworden.

Das ist das Ergebnis des 31. Ruhrgüteberichts, den der Ruhrverband gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft für Wasserwerke an der Ruhr (AWWR) gestern in Essen vorstellte. „Die Wassergüte lässt das Herz lachen“, so Harro Bode, Vorstandsvorsitzender des Ruhrverbands, in dem 60 Kommunen, 40 Wasserwerke und 80 Kläranlagen im Einzugsgebiet des Flusses zusammengeschlossen sind.

Der Jahrhundertsommer des vergangenen Jahres habe die Leistungsfähigkeit der Ruhr und der angeschlossenen fünf sauerländischen Talsperren als Trinkwasserlieferant für fünf Millionen Menschen unter Beweis gestellt. „Auch am Ende des letzten Sommers waren unsere Talsperren noch zu durchschnittlich 55 Prozent gefüllt“, so Dirk Reitis, Vorsitzender der AWWR. Zwar habe die lange Trockenperiode und der fehlende Verdünnungseffekt die Konzentration einiger Schadstoffe leicht erhöht. Insgesamt sei das Wasser aber durch bessere Kläranlagen und einen Rückgang der industriellen Abwasserbelastung weiter sauberer geworden. „Alle relevanten Belastungswerte sind in den letzten Jahren um ein Vielfaches besser geworden“, so Bode.

Die Europäische Union kommt in einer aktuellen Studie allerdings zu einem anderen Urteil. Demnach verfehlt die Ruhr auf 70 Prozent ihrer Strecke die von der EU geforderten Umweltziele. Beim Ruhrverband ist man auf Brüssel deshalb nicht gut zu sprechen. Die unterschiedlichen Ergebnisse erklärt Bode mit einem „Paradigmenwechsel in der Analyse“. Bisher sei das zentrale Kriterium bei der Beurteilung die Trinkwasserqualität gewesen und darauf habe man beim Ruhrverband auch alle Investitionen ausgerichtet. Schließlich sei die Ruhr mittlerweile einer der saubersten Industrieflüsse der Welt, so Bode.

Die EU verlangt nun jedoch mit der neuen Wasserrahmenrichtlinie nicht nur eine gute Qualität, sondern einen natürlichen Gesamtzustand des Ökosystems. In Essen fürchtet man deshalb, dass die bisherige Arbeit des Ruhrverbands und der AWWR „diskreditiert“ werde und merkt zwischen den Zeilen an, dass die neue Studie auch fachlich „nicht unumstritten sei“.

Für den Ruhrbürger bedeutet die Umsetzung der neuen EU-Wasserrahmenrichtlinie vermutlich vor allem höhere Wasserpreise. Nachdem die Landesregierung zu Beginn des Jahres schon eine Wassersteuer eingeführt hatte, schließt Reitis einen weiteren Preisanstieg nicht aus: „Die Umsetzung der Richtlinie wird zu weiteren Kosten führen.“ Der Bürger müsse sich fragen, ob er sich diese Art von Umweltschutz leisten und dafür einen höheren Wasserpreis zahlen möchte.