Einkaufen ohne nur einen Cent zu bezahlen

Der erste Kölner „Umsonstladen“ hat seine Pforten geöffnet. Ziel der Initiatoren ist es, ein Gegenkonzept zur Wegwerfgesellschaft zu schaffen. Jeder Kunde kann in dem Mülheimer Laden bis zu drei Teile kostenlos mitnehmen

KÖLN taz ■ Kopfschüttelnd stehen die Menschen im Mülheimer Bürgerzentrum „Mütze“. Ein Laden, in dem es alles kostenlos gibt? Das mag kaum einer glauben. Und doch ist es so. Der erste Kölner „Umsonstladen“ hat seine Pforten geöffnet. Das ehrgeizige Projekt wird von einer Gruppe ehrenamtlicher Helfer auf die Beine gestellt. Jeden Freitag von 17 bis 20 Uhr kann an der Berliner Straße eingekauft werden, ohne einen Cent zu bezahlen.

Dabei ist das Angebot nicht nur für Menschen da, die wenig Geld haben. „Bei uns kann jeder bis zu drei Teile mitnehmen“, berichtet Carola Möller. Wem es finanziell etwas besser gehe, der könne ja etwas Geld spenden oder beim nächsten Mal einfach selbst ein paar gebrauchte Sachen mitbringen. „Natürlich merkt man, dass viele wegen Hartz IV Angst vor Armut haben“, fügt Möller hinzu: „Deshalb sind sie besonders glücklich, hier mal etwas gratis zu bekommen.“

Umsonstläden gibt es bereits in 23 anderen Städten. Das Kölner Team hat sich bei einer Gruppe in Hamburg über die Details informiert. Ihr Fazit: So etwas könnte sich auch in Köln lohnen. Immerhin hat sich in Hamburg ein ganzes „Umsonstzentrum“ gebildet. So gibt es dort eine Fahrradwerkstatt, die von den Unterstützern des Umsonstladens kostenlos und von anderen Kunden gegen geringe Gebühr benutzt werden kann.

„Unser Ziel ist ein Netzwerk für mehr Selbstversorgung und ohne den Zwang zum Kaufen“, erklärt Mitinitiator Werner Ruhoff. Die Wegwerfgesellschaft sei sowohl umwelt- als auch sozialpolitisch überholt: „Viel wird weggeworfen, obwohl es noch brauchbar ist,“ meint Ruhoff. „Das können wir nur aufbrechen, wenn es Anlaufstellen wie den Umsonstladen gibt.“

In der Tat findet sich zur Eröffnung so manches Schätzchen in dem Laden. Die Bücherwand quillt über von Bestsellern, Sachbüchern, Romanen und Kinderliteratur. Porzellan und Gläser sind zu haben, Schallplatten oder ein aufwändiger Bilderrahmen, Kleidungsstücke und CDs. All das wäre womöglich in der Kölner Müllverbrennungsanlage gelandet. Jetzt gibt es dafür einen Laden, der sich nicht um die Gesetze des Marktes schert. „Wir wollen, dass nicht alles durch die Brille des Geldes gesehen wird“, meint Ruhoff. „So kann man ein Buch auch gerne wieder zurück bringen, wenn man es gelesen hat. Das zeigt doch, welchen Gebrauchswert die Gegenstände haben.“ Wenn das Konzept des Umsonstladens Schule mache, könnten viele Kölner hier ihre Bedürfnisse, ohne Geld auszugeben, stillen. Frank Überall

Der Umsonstladen hat vorläufig nur freitags von 17 bis 20 Uhr geöffnet. Er befindet sich im ersten Stock des Sozialzentrums „Mütze“, Berliner Straße 77. Infos unter Tel.: 0221/ 61 88 88, nc-ruhoffwe@netcologne.de