Andauerndes Schnuppern

Bildungsbehörde startet neues Praktikumsprojekt für Hauptschüler: Einmal pro Woche im Betrieb – für ein Jahr

Das Wort „PraxisLerntag“ ist orthographisch falsch, trotzdem verbirgt sich hinter dieser Wortschöpfung ein neues Projekt der Hamburger Bildungsbehörde. Rund 1.000 Hamburger Hauptschüler werden ab diesem Schuljahr nicht fünf Tage pro Woche in die Schule gehen, sondern nur noch vier. Das bedeutet aber nicht mehr Freizeit: Den einen Tag werden sie in einem Betrieb arbeiten. Das System soll eine Alternative zum zwei- oder dreiwöchigen Berufspraktikum sein.

„Die Schüler sollen nicht nur in den Betrieb reinschnuppern, sondern längerfristig erfahren, wie das Leben in der Praxis abläuft“, sagte Bildungssenatorin Alexandra Dinges-Dierig (parteilos). Die Senatorin verspricht sich vom „PraxisLerntag“, dass die Schüler früher erkennen, welchen Beruf sie erlernen möchten – und dass die Zahl der Ausbildungsabbrecher sinkt.

Insgesamt 30 Hamburger Hauptschulen nehmen mit 45 Klassen an dem Projekt teil. Die Schüler achter und neunter Klassen müssen mindestens ein Jahr lang zwei bis drei verschiedene Praktika absolvieren.

Damit alle von ihnen einen Praktikumsplatz bekommen, arbeitet die Bildungsbehörde mit der Hamburger Wirtschaft zusammen. Der Präsident der Handwerkskammer Hamburg, Peter Becker, und der stellvertretende Präses der Handelskammer, Martin Willich, lobten das Modell gestern über den grünen Klee. Willich: „Das Projekt gibt entscheidende Hinweise über Berufsziele und Qualifikation der Schüler.“

Über 800 Industrie- und Handelsbetriebe haben bereits Interesse bekundet, Schülern ein Praktikum zu vermitteln, sagte Willich. Auch die 3.500 ausbildenden Handwerksbetriebe seien sehr aufgeschlossen, so Becker. Die Hälfte aller Handwerk-Azubis komme von der Hauptschule. Becker betonte, dass sich die Schüler während des Praktikums für einen späteren Ausbildungsplatz empfehlen könnten.

Doch nicht nur die Chancen für die Berufsausbildung verbessern sich. Der Erziehungswissenschaftler Reiner Lehberger von der Uni Hamburg hatte ein Testprojekt für den „PraxisLerntag“ an acht Hamburg Schulen begleitet. Sein Ergebnis: Nach einem kontinuierlichen, schulbegleitenden Praktikum sind die Schüler „zuverlässiger, pünktlicher und höflicher“.Sebastian Siegloch