Nestpflege mal anders

Neue Chancen für Kinder psychisch kranker Eltern: Der Pflegekinderdienst sucht für sie Patenfamilien

bremen taz ■ Neurose. Depression. Psychose. Das sind Krankheitsbilder, die Erwachsene außer Gefecht setzen können – und dann auch ihre Kinder ungebremst trifft. Sie erleben Verzweiflung und Einsamkeit umso stärker, wenn ihnen keine Vertrauten zur Seite stehen, die das Ungewohnte bewältigen helfen. Diese Lücke will nun die „Pflegekinder in Bremen GmbH“ (PiB) stopfen. Sie sucht Familien mit Kindern, um für Kinder psychisch kranker Eltern ein Sicherheitsnetz aufzuspannen, das auch im Notfall Geborgenheit bietet. In Bremen haben rund 2.000 Kinder psychisch kranke Eltern.

„Dieses Modell hat sich in Hamburg schon bewährt“, sagt PiB-Chefin Monika Krumbholz. Sie will künftig auch Bremer Kinder mit einer Familienpatenschaft vorm Absturz schützen. „Oft greifen soziale Hilfen erst dann, wenn das Kind auffällig wird“, beobachtet Krumbholz. Das sei viel zu spät. Das Hamburger Modell zeige zudem, dass alle Beteiligten – die Patenfamilie, das Kind und die meist allein erziehende und oft junge Mutter von einer solchen Beziehung profitieren können. „Die Kinder kommen oft aus einer liebevollen Beziehung, die allerdings durch die Krankheit der Mutter gestört wird“, erklärt Krumbholz. Viele Kinder entwickelten Schuldgefühle, weil sie sich für den Grund der unerklärlichen Entwicklung hielten. Wenn dann ein Klinikaufenthalt der akut erkrankten Bezugsperson auch noch den Umzug des Kindes zu Fremden erfordere, könne dies enorme Folgen haben – die funktionierende Patenschaften allerdings abfangen könnten.

„Wir suchen Familien oder Personen möglichst mit Kindern, die keine Vorurteile gegen die psychischen Erkrankungen haben, unter denen die Eltern der Kinder leiden“, erklärt Krumbholz. Ganz besonders wichtig sei, dass die Patenfamilie stabil sei und neben regelmäßigen Kontakten zum Patenkind auch in Notsituationen – „wie Verwandte eben“ – zum Einspringen bereit sei. Ziel aber bleibe immer, das Kind in seiner Beziehung zu den eigenen Eltern und zu seiner Umwelt zu stärken – und nicht etwa, die Herkunftsfamilie zu ersetzen. ede

Wer sich für eine Patenschaft interessiert, kann sich unter ☎ 95 88 20 42/43 informieren. Am morgigen Mittwoch, den 15. September findet um 19.30 Uhr bei PiB, Bahnhofstr. 28-31, eine Informationsveranstaltung zum Thema statt.