berliner szenen Spätsommer-Panik

So tun, als ob

Die letzte Party des Sommers war für das nächste Wochenende geplant. Außerhalb der Stadt, wie die anderen schönen Veranstaltungen des Sommers in verschworenen Gruppen am Wasser. Doch jetzt ist der Herbst doch schon da. Panik macht sich breit. Ähnlich der Panik, die plötzlich im Kopf explodiert, wenn man resteuphorisiert realisiert, dass die Musik gleich ausgeht und alle nach Hause gehen. Nervöses Zucken hält sich krampfhaft am letzten Bass fest. Noch einmal so tun, als ob, dann wird man in die Welt gespuckt und zu Hause weht der kalte Wind durch die Wohnung.

Im Kalender nachgeschlagen, hat der Sommer nur fünf Wochen gedauert. Kommt da noch was, oder sollte man noch mal hinterher fliegen? Nein. Der Spaß ist vorbei. Ersatzbefriedigungen suchen, häuslich werden.

Am besten geht das, wenn man drei Löffel Hirse am Tag isst. Das erdet, sagt der Mann des Sommers und empfiehlt außerdem, sich neu einzurichten. Also steht der Schreibtisch nun da, wo der Schrank stand, und umgekehrt. Während man in den ganzen fünf Wochen Sommer satt war, kommt jetzt das unergründliche Hungergefühl wieder. Die Füße fühlen sich in den Schuhen eingeengt, so wie der Kopf, wenn er darüber nachdenkt, wie es im letzten Jahr zu dieser Zeit war. Nur um sich zu beruhigen. Vielleicht wird es ja noch mal warm. Aufgeben geht noch nicht. Noch ein bisschen so tun, als ob. Die Dämmerung, die nun schon um halb neun eine dicke Mauer um die Befindlichkeit baut, lässt sich grad noch ignorieren, und bei Regen wird einfach das Fenster geschlossen. Natürlich sind wir noch mal rausgefahren für die letzte Party des Sommers, der schon keiner mehr war.

LAURA EWERT