Deutschland ist nicht Europa

betr.: „Hand aufs Herz“ von Christian Schneider, tazzwei vom 11. 9. 04

Bedauerlich, dass so wirres Halbdenken an ein so wichtiges Thema verschwendet wird. Da muss ich den Vertrauensbonus, den die taz intellektuell bei mir hat, vorübergehend halbieren. Mein Hauptvorwurf:

Deutschland wird gleichgesetzt mit Europa, mit Abendland, mit aufgeklärter Moderne etc. Todenhöfer, Gauweiler, FAZ und deutsche Parteien werden als Zeugen berufen. Manch französischer, britischer, spanischer oder italienischer Intellektueller wird sich dafür bedanken. Plötzlich taucht in dem Artikel das „erzkatholische“ Polen auf – Europa oder nicht Europa?

In Deutschland gibt es zum Beispiel keine wirkliche Trennung zwischen Staat und Kirche, wie sie in Frankreich praktiziert wird – und anhand des Kopftuches anscheinend zur Zeit auch wieder der Mehrheit plausibel gemacht wurde. Wofür steht Deutschland „exemplarisch“? Etwa „für eine innerweltliche Versorgungsinstanz“? Was ist das? Wird damit alles außerhalb von Deutschland zu Außerweltlichem? (Der Sozialstaat steht sogar in den EU-Verträgen, doch gibt es gewiss viele Variationen für Sozialstaat.)

Verfolgt man in Berlin tatsächlich einen „Führungsanspruch“ für die EU in irgendeiner Frage? In welcher? Woran zeigt sich das? Wär’ schön, wenn die taz dieser Frage nachginge. Die EU besteht nämlich aus gleichberechtigten Staaten, das ist die Balance, darum hat sie sich so lange gehalten. Bislang gilt: Deutschland ist nicht Europa.

BARBARA HÖHFELD, Frankfurt am Main