Teure Pläne trotz hoher Schulden

Obwohl Frankreich auch 2004 den Stabilitätspakt nicht einhalten wird, kann es sich auf die Solidarität der anderen Defizit-Länder verlassen. Teure Investitionsprogramme werden trotzdem geplant – auch wenn die Finanzierung in den Sternen steht

aus Brüssel DANIELA WEINGÄRTNER

Die „Agenda von Lissabon“ beschworen die Finanzminister Frankreichs, Großbritanniens und Deutschlands gestern beim Treffen mit ihren EU-Kollegen in Luxemburg. Sie stellten eine gemeinsame Wachstumsinitiative vor – nach den Vorschlägen Italiens, dem deutsch-französischen Paket und dem Investitionsprogramm der Kommission ist das nun innerhalb weniger Wochen der vierte Versuch, wieder Schwung in den europäischen Laden zu bringen.

Kein Wunder, dass der Geist von Lissabon dabei Pate steht. Gemessen an den derzeitigen Wirtschaftsdaten liest sich die Schlusserklärung der Staats- und Regierungschefs vom Frühling 2000 wie ein Märchen aus besserer Zeit: Der Aufschwung müsse genutzt werden, um Staatsdefizite abzubauen, Forschung und Ausbildung zu verbessern, ein günstiges Investitionsklima und damit 20 Millionen neue Arbeitsplätze bis 2010 zu schaffen. Die EU, so träumte man damals, solle die dynamischste Wirtschaft der Welt werden. Drei Jahre später, im Konjunkturtief, herrscht Katerstimmung. Da Deutschland, Italien und Frankreich die fetten Jahre nicht nutzten, um die Staatsfinanzen zu sanieren, sitzt ihnen nun die Kommission im Nacken. Heute wird der zuständige Kommissar Pedro Solbes vermutlich eine Geldbuße androhen, falls Frankreichs Finanzminister Francis Mer sich weiterhin weigert, bei den öffentlichen Ausgaben zu sparen.

Finanzminister Hans Eichel hatte gestern in dem Streit zwischen Solbes und Mer zu vermitteln versucht. Paris habe sich doch „bewegt“. Solbes konterte, ihm gehe der Sparplan noch nicht weit genug. Der Kommissar weiß aber, dass er gegen den Widerstand Deutschlands und Italiens, die beide auch mit einem Defizit zu kämpfen haben, seine Sanktionen nicht durchsetzen kann. Er braucht dafür eine qualifizierte Mehrheit im Rat. Die kleinen Länder ärgert das Gemauschel der Pleitiers. Österreichs Finanzminister Karl-Heinz Grasser sagte, die EU-Kommission verliere ihre Glaubwürdigkeit, wenn sie sich darauf einlasse. Immerhin sei Frankreich drauf und dran, zum dritten Mal die Regeln des Stabilitätspaktes zu verletzen.

Wie ausgerechnet die hoch verschuldeten Länder Italien, Deutschland und Frankreich neue Verkehrsprojekte, Forschungsvorhaben und Kommunikationsnetze finanzieren wollen, um die Wirtschaft anzukurbeln, bleibt ihr Geheimnis. Allein die Wunschliste der Kommission kostet 220 Milliarden Euro, von denen nur ein Teil aus privaten Investitionen, Krediten der Europäischen Investitionsbank und Brüsseler Fördertöpfen kommen kann. Finanzminister Eichel warnte vorsorglich, die öffentlichen Haushalte dürften nicht zusätzlich belastet werden.

Vielleicht machen sich die Minister ja die Logik ihres italienischen Kollegen Giulio Tremonti zu Eigen. Der möchte, dass endlich Ein- und Zwei-Euro-Scheine gedruckt werden, damit die Leute weniger Geld ausgeben. Vielleicht verhilft dieses Verfahren ja auch den Finanzministern zu mehr Spardisziplin.