PflegerInnen fliehen

Ein Fünftel der deutschen Pflegekräfte will den Beruf verlassen. Grund: familienfeindliche Arbeitszeiten

BERLIN taz ■ In Deutschland leiden Angehörige von Pflegeberufen unter besonders widrigen Arbeitsbedingungen. Das zeigen die Zwischenergebnisse der europäischen Längsschnittstudie NEXT (Nurses’ early exit study), in der die Gründe für den gehäuften Ausstieg aus den Pflegejobs erforscht werden. Hier ist die Stimmung beim pflegenden Personal am zweitschlechtesten in Europa – nur die BritInnen klagen mehr. 20 Prozent der Bediensteten denken ernsthaft an einen Ausstieg aus dem Beruf, und zwar gerade junge und gut qualifizierte Kräfte, ergab die Befragung. Hauptgründe sind das schlechte Arbeitsklima und die Unvereinbarkeit von Familie und Beruf. 40 Prozent sind mit den Arbeitszeiten unzufrieden, „so viel wie in keinem anderen Land“, warnt die Forschergruppe der Universität Wuppertal, die die Studie durchführt. Mehr als ein Drittel aller Pflegenden müsse hierzulande mindestens 6-mal im Monat vor 5 Uhr früh aufstehen. „Solche Arbeitszeiten sind in Westeuropa eine Rarität“, so die Forscher. In Holland muss nur ein Prozent der Pflegenden so früh aufstehen. Die Folge ist der massenhafte Ausstieg: Nur 12 Prozent der deutschen Pflegekräfte sind über 50, in Finnland dagegen ist es ein Drittel, das sich zudem hoch zufrieden über seinen Job äußert.

Die Studie, für die 40.000 Krankenschwestern und -pfleger aus Krankenhäusern, Pflegeheimen und ambulanten Diensten befragt wurden, soll Grundlagen liefern, um gezielt gegen den vorzeitigen Ausstieg tätig werden zu können. In Deutschland fehlen derzeit schon etwa 40.000 Pflegekräfte. Der Gesamtbedarf soll laut Schätzungen bis 2020 um 40 Prozent ansteigen. HEIDE OESTREICH