Spannung bei der Bewag

Der Bewag-Mutterkonzern Vattenfall kündigt ab 2005 Strompreiserhöhungen bis zu 6 Prozent an. Durchschnittsfamilie müsste 40 Euro mehr im Jahr zahlen. Kritiker halten das für überzogen

VON STEFAN KLOTZ

Schlag Neujahr könnte die Weihnachtsbeleuchtung in vielen Berliner Haushalten erlöschen, um Strom zu sparen. Denn ab 1. Januar des kommenden Jahres könnte die Bewag in Berlin die Strompreise anheben.

Wie viel Euro mehr die 1,8 Millionen Berliner Bewag-Kunden in Zukunft für ihre Stromrechnung auf die Seite legen müssen, steht noch nicht genau fest. Aber der Mutterkonzern der Bewag, die schwedische Vattenfall, plant für 2005 eine Preiserhöhung zwischen vier und sechs Prozent und rechnet mit monatlich zwei bis drei Euro Mehraufwand für einen Vierpersonenhaushalt mit einem durchschnittlichen Verbrauch von 3.500 Kilowattstunden (kWh) pro Jahr.

Für die Bewag-Familie würde das in der meistgenutzten Tarifformel BerlinKlassik mit einem monatlichen Grundpreis von 4,59 Euro und 17,19 Cent pro Kilowattstunde eine monatliche Mehrbelastung von rund 3,30 Euro bedeuten, wenn die Bewag um insgesamt 6 Prozent erhöht. Auf das Jahr müsste die Durchschnittsfamilie rund 40 Euro mehr bezahlen.

Jedoch wohnt in der Hälfte der Hauptstadthaushalte nur eine Person, die nach Bewag-Angaben durchschnittlich 2.000 kWh pro Jahr verbraucht. Bei den Singles würde der Stromkonzern im Worst-Case-Szenario von 6 Prozent Aufschlag rund 24 Euro mehr pro Jahr kassieren.

Doch beschlossen ist noch nichts. „Wir sind immer noch am Rechnen“, sagt Bewag-Sprecherin Barbara Meifert. Schließlich sind die Umstände in jeder Vattenfall-Stadt anders. „98 Prozent unserer Stromleitungen verlaufen unterirdisch, was bei uns höhere Wartungskosten als bei Versorgern mit überwiegend Freilandleitungen erzeugt“, präzisiert Meifert.

Zwar sucht die Bewag nach eigenen Angaben noch Möglichkeiten, um die Preiserhöhung zu vermeiden. Dennoch scheint sie wahrscheinlich. Denn auch der Energieriese RWE hatte bereits eine Stromverteuerung angekündigt, und auch Marktführer Eon zieht Preisaufschläge in Erwägung. Als Grund nennt Vattenfall vor allem die teureren Strombezugspreise und den Mehraufwand, den das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) verlange. „Allein weil uns das Gesetz zur vorrangigen Abnahme von Strom aus Windkraft verpflichtet, sind die Kosten von 80 Millionen in 2003 auf 100 Millionen Euro dieses Jahr gestiegen“, rechnet Vattenfall-Sprecherin Geraldine Schröder vor.

„Alles Unsinn“, hält Aribert Peters, Vorsitzender des Bunds der Energieverbraucher (BEV), dagegen. „Weder ist die Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen gestiegen, noch haben sich die Rohstoffe zur Stromgewinnung gravierend verteuert“, weist er die Argumente zurück. Schließlich mache der Brennstoff – meist Kohle – nur ein Drittel der Erzeugungskosten aus, so der BEV. Und der Bundesverband hat gar einen Kostenrückgang bei den alternativen Energien errechnet. Maximal zwei Prozent höhere Strompreise hält Peters daher für gerechtfertigt und rät wie beim Gas dazu, den Mehrbetrag nicht zu zahlen (siehe unten) oder den Anbieter zu wechseln. Das machen selbst Großbetriebe wie die BVG, die nun mit Strom der Stadtwerke Leipzig fährt.

Doch auch da kassiert Vattenfall mit. Schließlich sollen die Entgelte für die Netzdurchleitung ebenfalls erhöht werden – um satte 19 Prozent. Privathaushalte werde dies aber nur mit 0,5 Cent pro Kilowattstunde belasten, beschwichtigt der Energiekonzern.

Umso belasteter ist derzeit das Berliner Energietelefon der Verbraucherzentrale. Hier geben die Mitarbeiter Auskunft zu Energiefragen. Außerdem bietet die Verbraucherzentrale kostenlose persönliche Beratungsgespräche. „Solange aber noch keine sicheren Zahlen zur Strompreiserhöhung vorliegen, können wir noch keine Hilfe zum Anbieterwechsel geben“, sagt Mitarbeiterin Gabriele Francke. „Derzeit versuchen wir nur, Einsparungspotenzial aufzudecken.“ Zum Beispiel könnte man zu Neujahr die Weihnachtslämpchen ausschalten.