Jordanischer Lkw-Fahrer gekidnappt

Weiter Druck auf Firmen, den Irak zu verlassen. Algerischer Islamistenchef beginnt Hungerstreik für Geiseln. Türkischer Außenminister droht USA mit Abbruch der Zusammenarbeit. Keine Einigung des Pariser Clubs über Entschuldung des Irak

BAGDAD/ISTANBUL ap/dpa/taz Im Irak ist ein jordanischer Lkw-Fahrer entführt worden. Der arabische Sender Al Dschasira zeigte am Dienstag Aufnahmen, auf denen drei Maskierte hinter einem knienden Mann stehen, der seinen Ausweis zeigt. Die „Brigaden der Löwen von Al Tawhid“ gaben dem Arbeitgeber des Entführten 48 Stunden, um die Aktivitäten im Irak einzustellen.

Unterdessen hat der algerische Islamistenführer Abbasi Madani in der katarischen Hauptstadt Doha einen Hungerstreik begonnen, um die Freilassung der französischen und italienischen Geiseln im Irak zu erreichen. „Ich habe mich aus moralischen und nicht aus politischen Gründen dazu entschlossen“, sagte der gesundheitlich angeschlagene Führer der in Algerien verbotenen Islamischen Heilsfront (FIS) am Dienstag in Al Dschasira.

Nach dem Anschlag auf einen Markt in der Nähe einer Polizeiwache in Bagdad gestern warf eine wütende Menge den US-Truppen und der Übergangsregierung von Ministerpräsident Ijad Allawi vor, Rekrutierungszentren der Polizei nicht ausreichend zu schützen. Die Wache war für den Verkehr gesperrt, das Auto mit der Bombe war vor einer nahen Geschäftszeile geparkt.

Nach einem Anschlag auf eine Kreuzung von Ölpipelines im Nordirak brach am Dienstag ein Feuer aus, brennendes Öl lief in den Tigris. Bei dem Feuer sind offenbar Kabel geschmolzen, was zu einem landesweiten Stromausfall geführt hat.

Bei Angriffen auf zwei amerikanische Militärpatrouillen in Bagdad und Mossul wurden nach Angaben der US-Armee vom Dienstag binnen 24 Stunden drei US-Soldaten getötet und acht weitere verletzt.

Der australische Regierungschef John Howard erklärte am Dienstag, sein Land werde nicht auf Forderungen von Terroristen nach einem Abzug der Truppen aus dem Irak eingehen. Eine Gruppe, die sich „Brigade des Horrors“ nennt, gab an, zwei australische Sicherheitskräfte und zwei Asiaten in ihre Gewalt gebracht zu haben. Die Behörden teilten mit, es werde geprüft, wie viele Australier sich im Irak aufhielten und wo sie sich befänden. Bislang sei unklar, ob Australier gefangen genommen worden seien.

Unterdessen haben die irakischen und US-Streitkräfte offenbar ihre zehntägige Offensive in Tall Afar im Nordirak beendet. Zivilpersonen wurde am Dienstag die Rückkehr in die Stadt erlaubt. In ungewohnt scharfer Form hatte der türkische Außenminister Abdullah Gül am Montag die USA aufgefordert, ihre Angriffe auf Tall Afar einzustellen. Sollten die US-Streitkräfte ihre Militäroperation nicht einstellen, werde die Türkei die Zusammenarbeit mit den USA im Irak einstellen. In Tall Afar leben zahlreiche Angehörige der turkmenischen Minderheit, zu deren Schutz sich die Türkei berufen fühlt.

Die US-Armee hatte am 4. September eine groß angelegte Operation gegen Tall Afar begonnen. Als Grund für den Angriff nannte ein Armeesprecher, dass sich aus Syrien kommende „Terroristen“ in der Stadt aufhielten. Durch massive Bombardements waren etliche turkmenische Bewohner der Stadt getötet oder verletzt worden. Daraufhin hatte die US-Armee Zehntausende gezwungen, die Stadt zu verlassen und in einiger Entfernung in Zelten oder unter freiem Himmel zu kampieren. Am Wochenende fanden in Ankara Demonstrationen vor der US-Botschaft statt, gleichzeitig versuchte Gül im direkten Gespräch mit seinem US-Kollegen Colin Powell, ein Ende der Angriffe zu veranlassen. Der US-Botschafter in Ankara, Eric Edelman, bestritt gestern, dass in die von Turkmenen geräumte Stadt kurdische Familien einziehen sollten. Türkische Medien hatten berichtet, dass Kurden bereit stünden, die geräumten Häuser zu besetzen. Die Turkmenen beklagen seit langem, dass sie im Nordirak, vor allem in Kirkuk, von Kurden, die von der US-Armee unterstützt würden, vertrieben würden. Hätte die Türkei ihre Kooperation mit den USA im Irak tatsächlich eingestellt, wären davon in erster Linie der Nachschub und der US-Luftwaffenstützpunkt Incirlik betroffen gewesen, über den die USA ihren Truppenaustausch abwickeln.

Im Streit um die Altschulden des Irak hat sich der Pariser Club der Gläubigerstaaten am Dienstag nicht auf ein einheitliches Vorgehen einigen können. Frankreich und Deutschland wollen dem Irak die Schulden zu höchstens 50 Prozent erlassen, die USA bestehen dagegen auf einer Streichung von mindestens 80 Prozent. JG