Die Manager zur Ehrlichkeit zwingen

Grüne bereiten Gesetz zur Veröffentlichung aller Vorstandsgehälter vor. Das bringt sie in Konflikt mit der SPD-Justizministerin. Zudem sollen Vorstände nicht mehr in den Aufsichtsrat wechseln dürfen. Davon wäre auch Siemens-Chef von Pierer betroffen

VON HANNES KOCH

Vorstände der großen deutschen Aktiengesellschaften sollen verpflichtet werden, ihre Gehälter genau zu veröffentlichen. Das ist der wichtigste Inhalt einer Gesetzesinitiative, die die Grünen möglichst bald auf den Weg bringen wollen. „Es ist unlogisch, dass Bundesjustizministerin Brigitte Zypries bis zum Jahr 2005 warten will“, sagte Wirtschaftspolitiker Fritz Kuhn der taz.

Zypries (SPD) hat den Unternehmen eine Schonfrist bis Mitte kommenden Jahres eingeräumt. Wenn die im Deutschen Aktienindex DAX vertretenen Firmen bis dahin nicht jedes einzelne Vorstandsgehalt ausweisen, wie es der Verhaltenskodex der Wirtschaft vorsieht, will auch sie ein Gesetz machen. Größere Eile verlangen nicht nur die Grünen, auch SPD-Fraktionsvize Joachim Poß hat dafür plädiert, die Vorstände möglichst bald zur Offenheit zu zwingen. Ausgelöst wurde die Debatte durch den Mannesmann-Prozess, bei dem sich Vorstände für überhöhte Abfindungen rechtfertigen mussten.

Ändern will Kuhn das Handelsgesetzbuch. Das schreibt bislang nur vor, dass die Vorstandsbezüge pauschal veröffentlicht werden. Der von allen großen Unternehmen unterschriebene Corporate Government Kodex fordert zwar die individualisierte Veröffentlichung, doch kommen nur 9 von 30 DAX-Konzernen der Empfehlung bislang nach.

Fritz Kuhn bewegt vor allem die mangelnde Transparenz der Konzerne gegenüber ihren Anlegern. Um deren Vertrauen zu heben und die Investitionsbedingungen in Deutschland zu verbessern, sei mehr Offenheit notwendig. Dann würden auch überhöhte Zahlungen an Manager verhindert. Für geradezu „obszön“ hält es der Grünen-Politiker außerdem, wenn Arbeitslose im Rahmen der Hartz-Reformen detaillierte Angaben zu ihrem Einkommen machen müssten, die Vorstände ihre Gehälter aber verheimlichen dürften.

Ein zweiter Gesetzesvorschlag dürfte für noch mehr Konfliktpotenzial sorgen. Eine Veränderung des Aktiengesetzes soll verhindern, dass Manager vom Vorstand des Konzerns unmittelbar in den Aufsichtsrat wechseln.

Diese Änderung würde zum Beispiel Siemens-Vorstand Heinrich von Pierer betreffen. Im kommenden Januar will er seinen Chefposten räumen und sofort zum Vorsitz des Aufsichtsgremiums mutieren. Sind die Grünen mit ihrem Gesetz schnell genug, muss von Pierer sich eine andere Beschäftigung suchen. Das Verbot des Wechsels soll echte Kontrolle durch den Aufsichtsrat ermöglichen. Bislang kaschieren die Aufsichtsräte oft genug die Fehler, die sie als Vorstände selbst begangen haben.

Deutlich spricht sich Kuhn gegen Versuche der Unternehmen aus, die Vertreter der Arbeitnehmer aus den Aufsichtsräten zu verbannen. Im Gegenteil kann er sich vorstellen, dass neben den Beschäftigten auch die Verbraucher „als größte Gruppe der Marktteilnehmer“ in den Kontrollgremien vertreten sein könnten.Über das Thema Vorstandsgehälter stimmen die Grünen bei ihrem Parteitag Anfang Oktober in Kiel ab. Verhandlungen mit der SPD sollen folgen.