Ein weiterer Aderlass beim Berliner DIW

Silke Tober, Expertin für Geldpolitik, muss Ende Februar das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung verlassen

BERLIN taz ■ Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin verliert eine weitere Wissenschaftlerin. Der Vertrag mit der Expertin für Geldpolitik, Silke Tober, läuft nach Informationen der taz Ende Februar 2005 aus. Klaus Zimmermann, Präsident des Institutes, soll persönlich darauf hingewirkt haben, dass Tober gehen muss. Das Institut wollte gestern keinen Kommentar zu den Personalentscheidungen abgeben.

Tober arbeitet bisher als engste Mitarbeiterin von Gustav Adolf Horn, dem Abteilungsleiter Konjunkturpolitik des DIW. Horns Vertrag läuft zum Jahresende 2004 aus, weil das Kuratorium des DIW ihn nicht verlängern wollte. Während das Institut inoffiziell die spärliche Publikationstätigkeit des Ökonomen bemängelt, erklären Mitstreiter Horns, dass dem Streit unterschiedliche Einschätzungen über Wirtschaftspolitik zugrunde liegen. Horn ist ein ausgewiesener Verfechter nachfragetheoretischer Ansätze, die dem gegenwärtig herrschenden Mainstream der unternehmensfreundlichen Wirtschaftspolitik widersprechen.

Im Fall von Silke Tober könnte nun ein ähnlicher Konflikt den Ausschlag gegeben haben. Sie hat sich mit der so genannten Nicht-Neutralität der Geldpolitik beschäftigt. Zentrale These: Niedrige Zinsen der Zentralbank und eine expansive Geldpolitik können die Arbeitslosigkeit senken. Dieser von der Expertin hergestellte Zusammenhang widerspricht dem, was die meisten Ökonomen annehmen.

Ende Oktober steht derweil die Begutachtung des Instituts durch den deutschen Wissenschaftsrat an. Das Ergebnis entscheidet über die Höhe der öffentlichen Bezuschussung für das DIW in der nächsten Zeit. Instituts-Chef Klaus Zimmermann hat in Vertretung des scheidenden Gustav Adolf Horn selbst die Aufgabe übernommen, die Arbeit der Konjunkturabteilung zu rechtfertigen. HANNES KOCH