Pentagon verhökert heiße Ware

Bis vor drei Wochen bot das US-Verteidigungsministerium Ausrüstung zur Herstellung von biologischen Waffen zu Schleuderpreisen im Internet an. Was die Kunden mit Zentrifugen und Brutkästen anfangen wollten, interessierte nicht

GENF taz ■ Die Bush-Administration begründet ihren heute vor zwei Jahren begonnenen „Krieg gegen den Terrorismus“ mit der Bedrohung durch Massenvernichtungswaffen – zugleich verkaufte das Pentagon bis vor knapp drei Wochen Ausrüstung zur Herstellung biologischer Waffen zu Schnäppchenpreisen über das Internet. Ein Teil der veräußerten Zentrifugen, Brutkästen, Verdampfer sowie knapp 400 B-Waffen-Schutzanzüge gelangte durch Weiterverkäufe nach Ägypten, Malaysia und den Philippinen – Länder, in denen es nach Darstellung der Bush-Administration Mitglieder von al- Qaida und anderen Terrorgruppen gibt und wo sie logistische Unterstützung erhalten. Das geht aus einem Bericht der Rechnungsprüfungsbehörde (General Accounting Office, GAO) des US-Kongresses hervor, der der taz vorliegt.

GAO-Angestellte hatten eine Scheinfirma gegründet und über das Internet Ausrüstungsgegenstände für B-Waffen im Wert von 4.100 US-Dollar erstanden. Das US-Verteidigungsministerium selbst hatte dafür vormals 46.000 Dollar ausgegeben. Für die Identität der Käufer und den Gebrauchszweck interessierte sich das Pentagon laut GAO-Bericht nicht. Nachdem es von den GAO-Recherchen erfuhr, verschwanden die Verkaufsangebote am 19. September aus dem Internet. Gestanden hatten sie auf der Homepage der Pentagon-Abteilung, die für Marketing und Wiederverwendung gebrauchter Ausrüstungsgegenstände zuständig ist (Defense Reutilization and Marketing Service).

Bis Redaktionsschluss lag keine Reaktion der Bush-Administration vor. Unklar bleibt, wieso das Pentagon überhaupt noch über Ausrüstungsgegenstände zur B-Waffen-Produktion verfügt. Denn diese ist durch ein auch von den USA ratifiziertes Abkommen von 1972 verboten. Allerdings wurde durch Recherchen der New York Times im September 2001 bekannt, dass das Pentagon ein geheimes B-Waffen-Programm betreibt. Das räumte damals nur ein „rein auf Defensivzwecke“ ausgerichtetes Projekt ein, in dem Impfstoffe zum Schutz eigener Soldaten vor B-Waffen-Angriffen entwickelt würden. Allerdings herrscht unter Fachleuten Konsens, dass eine Trennung zwischen „defensiven“ und „offensiven“ Zwecken bei der B-Waffen-Forschung unmöglich ist. Aus internen Dokumenten des Pentagons geht zudem hervor, dass im Rahmen des angeblichen „Defensivprogramms“ eine mit einem B-Waffen-Sprengkopf bestückbare Bombe entwickelt wird.

Ein genauerer Aufschluss über B-Waffen-relevante Enwicklungsaktivitäten in den USA und in anderen Ländern wäre nur möglich, wenn es ein internationales Überwachungsregime für das Verbotsakommen von 1972 gäbe. Auf den Text für ein entsprechendes Zusatzprotokoll hatten sich 60 von 61 Mitgliedern der UNO-Abrüstungskonferenz im Herbst 2001 geeinigt. Seine Verabschiedung scheitert bisher jedoch am Veto der USA.

ANDREAS ZUMACH