hamburger szene
: Türsteherlogik

„Raus oder rein“? Der Türsteher des Hinterhof-Schuppens schaut mich herausfordernd an. Dabei habe ich nichts getan, außer mich draußen zu unterhalten. „Du blockierst den Eingang“, fügt er hinzu, weil ich ihn nur fragend anschaue.

Jetzt muss ich ein Lachen unterdrücken: Außer mir sind nur sieben oder acht Gäste da, und seit zehn Minuten wollte keiner raus oder rein. Der Türsteher sieht nicht besonders Furcht einflößend aus, trotzdem schlucke ich das Lachen herunter.

Denn irgendwie tut er mir auch Leid: Wie fühlt sich wohl so ein Türsteher, der keinem den Eintritt verwehren kann, weil keiner rein will? In seiner Branche ist er der Chef ohne Mitarbeiter, der Manager ohne Geld. Und das macht ihn irgendwie auch unberechenbar. Denn was hat so einer schon zu verlieren? Wer sagt, dass der seinem Frust nicht an einem Zwerg wie mir Luft macht?

Andererseits bin ich auch davon überzeugt, dass jeder, der sechs Euro Eintritt bezahlt hat hier so lange stehen können sollte, wie er oder sie will.

Trotzig weise ich den gekränkten Türhüter freundlich, aber bestimmt auf diesen Sachverhalt hin. Mein Gegenüber beschränkt sich darauf, mir einen bösen Blick zuzuwerfen. Irgendwann wird es mir draußen trotzdem zu kalt. Der Türsteher schaut mir nach und murmelt irgendetwas in einer mir fremden Sprache. Eines verstehe ich immerhin: „Lebewohl“ hört sich auch in seiner Sprache anders an.JONAS NONNENMANN