Das Straßenbild

Die Reklamerezension. Heute: Übermut im Schlafanzug ist tödlich

Klaus war schon immer ein wenig leichtsinnig gewesen. Er trank zuviel, er rauchte zwei Schachteln am Tag. Nie wäre ihm in den Sinn gekommen, eine Haftpflichtversicherung abzuschließen oder für seine Rente einzuzahlen, schon als Kind ging er im Winter ohne Schal auf die Straße. Die Warnungen seiner Mutter hat er stets ignoriert. Klaus war ein Freund des Risikos, ein Bruder Leichtfuß, ein Springinsfeld. Er ist immer unbeschwert von Risiko zu Risiko getappst. Passiert ist ihm nie etwas. Es schien so, als hätte er mit dem Glück einen Vertrag abgeschlossen.

Heute abend hat Klaus sich übernommen. Nachts noch mal schnell mit dem Hund raus? Im Schlafanzug? Und Turnschuhen? Mit einem viel zu überheblichen Grinsen? Das kann nicht gut gehen. Noch spaziert er ahnungslos. Er ist überzeugt, auf der Glücksseite des Bordsteins zu wandeln. Eine attraktive Dunkle hat sich zu ihm umgedreht. Obwohl sie in Begleitung ist, und der Mann an ihrer Seite Klaus in puncto modischer Treffsicherheit haushoch überlegen ist. Das mag Klaus als einen Sieg für sich werten. Für die unwiderstehliche Ausstrahlung dessen, der in seinem Leben noch keine einzige schlechte Nachricht erhalten hat.

Aber heute abend hat er den Mund ein wenig zu voll genommen. Heute abend wird ihm der Coup nicht gelingen. Er wird runterfallen vom Glücksseil des Lebens. Zigarettenrauchend und lässig lächelnd wird er dastehen mit seinem Karamellbonbon an der Leine und Segeltuchschuhen an den Füßen. Es werden seine letzten Züge sein. Das Schicksal wird ihn ereilen. Hinterrücks. Es wird einen schicken dunklen Anzug tragen und aus Eifersucht mit gepflegten Männerfäusten unschick zuschlagen. Rauchen kann tödlich sein. Wir haben es immer gewusst. Im Pyjama auf der Straße rauchen und dabei mit einer liierten Schönen flirten, muss tödlich sein. Klaus wird das Lächeln vergehen. Immerhin hat er sich die Rentenversicherung gespart. CLAUDIA LEHNEN