Revolte im Sportstudium

Recherchieren, schreiben und Layout entwerfen – beim „Sportrevolver“ simulieren Journalistikstudenten echten Redaktionsalltag und berichten über Nischen der Stadt

von HOLGER SCHLEPER

Von „prittstiftmäßigen“ Anfängen am schwarzen Brett zum dicken Lob von TV-Sport-Urgestein Dieter Kürten – „das sieht ja aus wie vom Kiosk“ – in nur fünf Jahren: der Sportrevolver, das Magazin des Fachbereichs Sportwissenschaft der Uni Hamburg, macht seinem durchschlagenden Namen alle Ehre. Dabei befindet sich das heute 130-Seiten starke Blatt nach dem Dafürhalten von Chefredakteur Broder-Jürgen Trede noch längst nicht da, wo es hingehört.

1997 fing alles an. 2.000 Studierende der Sportwissenschaft verlangten nach einem Sprachrohr. Schnell hatten sich einige Sportjournalistikstudenten gefunden, die diesem Wunsch nur zu gern nachkamen. „Zunächst war es nur eine Wandzeitung am schwarzen Brett“, erzählt Broder-Jürgen Trede. Aber die fand wortwörtlich reißenden Absatz. Artikel wurden abgerissen, sei es, weil sie so überzeugend geschrieben waren, sei es, weil die Leser mit kritischer Berichterstattung nicht einverstanden waren. Eines stand jedoch fest: Die Wandzeitung erregte Aufmerksamkeit. Grund genug, sie in ein Printmedium umzuwandeln.

Neben dem offenkundigen Bedarf nach dieser Publikation gab es aber noch einen weiteren Grund, das Sportmagazin zu etablieren. Die Studenten der Sportjournalistik sollten neben der grauen Theorie ein praktisches Betätigungsfeld erhalten. Eine Idee, die sich rasch durchsetzte. Im April 2001 erschien die erste Printausgabe des Sportrevolvers und schon im darauf folgenden Semester erhielt Broder-Jürgen Trede einen Lehrauftrag als Chefredakteur des Magazins.

Welche Ernsthaftigkeit das Projekt angenommen hat, mag allein die Herleitung des Titels illustrieren. Die ursprüngliche Idee, ein Sport-Revolverblatt zu gründen, tritt langsam zurück hinter eine viel tiefgründigere Erklärung: „Das lateinische revolvere“, erklärt Trede, „bedeutet umwälzen oder umdrehen.“ Themen aus der Welt des Sports sollen nun in all ihren Facetten dargestellt werden.

Der Ansatz, einen Redaktionsalltag zu simulieren, wird dabei von den Journalistik-Studenten dankend angenommen. Durchschnittlich 20 Redakteure machen sich einmal pro Woche im Semester an die Entwicklung des Heftes. Dabei lernen sie zu recherchieren, Texte zu verfassen und bekommen Einblicke in Layout-Fragen. „Sie können hier eine wichtige Qualifikation erlangen, gerade wo es in der Zeitungswelt so schwer ist, an Praktika zu kommen“, weiß Trede. Leider macht die gewollte Ähnlichkeit mit dem wirklichen Printbereich auch bei der Finanzlage keine Ausnahme. Der Fachbereich Sportwissenschaft stellt kein Geld zur Verfügung, bietet allerdings die Räume und technische Ausstattung. So muss sich der Herausgeber, das Institut für Sportjournalistik, um andere Quellen bemühen. Bei einer Auflage von 2.000 Heften pro Semester ist es aber schwierig, Anzeigenkunden zu gewinnen.

Einen Ausweg sieht der Chefredakteur in einer Neuausrichtung des Magazins. Weg vom Uni-Sportheft, hin zum Stadtsportmagazin. Dabei sollen vor allem Nischen-Themen ihren Platz finden, die in der Tagespresse zu kurz kommen. Auch soll die Nähe zur Sportwissenschaft als Qualitätsmerkmal genutzt werden.

Bereits in der April-Ausgabe dieses Jahres sieht man Ansätze dieser Pläne. Auf vier Seiten wird die Randsportart Rugby unter die Lupe genommen und das Institut für Volkskunde erforscht den Alltag rund um den FC St. Pauli. In einem weiteren Beitrag analysiert eine Professorin die Aufschlagbewegung von Ex-Tennis-Star Pete Sampras. „Immer mehr Professoren möchten einen Text bei uns veröffentlichen dürfen“, freut sich Trede.

Die Neuausrichtung soll schnell umgesetzt werden. Wer vor 6 Jahren vorm schwarzen Brett stand und zum jetzigen Semesterbeginn das neue Hochglanzmagazin in Händen hält, der wird nicht daran zweifeln.