vorlauf
: Der neunzigste Geburtstag

„Krupp – vom Mythos zum Global Player“ (Arte, So., 20.40)

Sich mit den großen Namen und Marken des Wirtschaftslebens zu beschäftigen, ist derzeit groß in Mode: n-tv erfreut seit langem mit freundlichen Tesafilm- und Niveacreme-Porträts. Die bislang solcher Billigmethoden eher unverdächtige Financial Times Deutschland versammelte gestern schamlos „Markenlegenden“ von Friedhelm „Knopf im Ohr“ Steiff bis Michael „Feinkost“ Käfer zum „Familienfoto“ auf einem Sondertitel und erklärte auf vier (!) weiteren Seiten die „Aktion Markenname“. – Gut, wir sind hier in der freien Wirtschaft, und wenn’s dem darbenden Anzeigengeschäft dient …

Arte gehört allerdings nicht ganz in diese Kategorie. Reinhold Böhms Film über „ein faszinierendes Stück Industriegeschichte“ namens Krupp scheint vor allem am Anfang aber direkt dem Werksfilmarchiv entsprungen. Da erfährt man, dass das heute zu Thyssen-Krupp fusionierte Unternehmen weltweit führend bei Rolltreppen und Aufzügen ist, Stahl sowieso, usw. usf.

Auch der Untertitel („Vom Mythos zum Global Player“) zeugt bereits von einer Schieflage des ganzen Unterfangens: Was bitte war die Essener Waffenschmiede denn seit dem 19. Jahrhundert, wenn nicht so etwas wie einer der ersten Global Player im Geschäft mit der Vernichtung?

Dass diese Rolle zumindest ansatzweise zur Sprache kommt – obwohl der Film in Sachen Kriegsverbrecherprozess gegen den Konzernherrn Alfried Krupp windelweichgespülte Neutralität atmet –, ist das Verdienst von Krupp-Legende Berthold Beitz, der als „Unbelasteter“ den Konzern nach dem Zweiten Weltkrieg im Auftrag der Krupps übernahm und schließlich in die heute bestehende Krupp-Stiftung überführte. Der soeben 90 Gewordene war Arte gegenüber zum ersten Mal zum umfänglichen TV-Gespräch bereit, vielleicht erklärt das die Altersmilde des gesamten Stücks.

Und wo bleibt das Positive? Bitte schön: Die Kameraführung, die Hubschrauberaufnahmen vom Krupp-Famliensitz Villa Hügel sind erste Sahne und endlich mal innovativ für das Genre Doku. Doch auch für Global Player gilt der Grundsatz: Content is king. STG