Das Sprachlerntagebuch hat für viele Eltern sieben Siegel

Laut einer Umfrage wissen Eltern zu wenig über die Fördermöglichkeiten in der Kita. Ein Grund könnte die Überforderung der Erzieherinnen sein

Ein Drittel der Eltern, deren Kinder Kindertagesstätten besuchen, kennt das Berliner Bildungsprogramm für Kitas nicht. Gut 20 Prozent ist sogar das Sprachlerntagebuch, das von ErzieherInnen für jedes Kind geführt werden muss, kein Begriff. Das geht aus einer Umfrage unter 800 Eltern hervor, die der Landeselternausschuss Kita LEAK Ende 2008 durchgeführt hat. Der Umfrage nach sind Eltern kaum über ihre Mitbestimmungsmöglichkeiten informiert. 20 Prozent sehen deshalb „die Rechte ihres Kindes nicht ausreichend gewürdigt oder vertreten“, heißt es in der Pressemitteilung des LEAK.

LEAK-Vorsitzender Burkhard Entrup führt die schlechten Ergebnisse darauf zurück, „dass Elterngremien nicht ausreichend unterstützt werden und das Mitspracherecht nicht gut gesetzlich geregelt ist“. Eltern hätten in vielen Gremien wie dem Jugendhilfeausschuss oder der Spielplatzkommission nur beratende Funktion, kein Stimmrecht. „Will man sie motivieren, muss man ihnen tatsächlich Verantwortung übertragen“, so Entrup.

Das 2006 eingeführte Sprachlerntagebuch ist Teil der zwischen Senatsbildungsverwaltung und Kitaträgern abgeschlossenen Qualitätsvereinbarungen. Es dient der Dokumentation der Bildungsbiografie eines Kindes während der gesamten Zeit in der Einrichtung. Auch die Eltern werden mit einbezogen. Ein Teil der Fragen in den Tagebüchern richtet sich an sie. Zudem sollen die dort dokumentierten Fortschritte regelmäßig mit ihnen besprochen werden.

Die Elternbefragung lege nahe, dass dies nicht in allen Kitas praktiziert werde, sagt LEAK-Vorsitzender Entrup. Den ErzieherInnen anlasten will er das nicht: „Wir wissen ja, dass sie überfordert sind.“ Viele erledigten die Vor- und Nachbereitung ihrer Arbeit mit den Kindern bereits in ihrer Freizeit. „Sie haben schlicht keine Zeit, sich mit den Sprachlerntagebüchern zu beschäftigen“, so Entrup.

Es gebe „noch viele Unsicherheiten, wie man mit dem Sprachlerntagebuch arbeiten kann, ohne dass es die Erzieherinnen zu sehr überlastet“, sagt die Diplompädagogin Regine Schallenberg-Dieckmann, Geschäftsführerin des freien Kita-Trägers INA, der 19 Kindergärten in ganz Berlin betreibt. Es müsse deshalb an dem Konzept „noch gearbeitet werden“.

„Wir sind in der Evaluationsphase, was die Qualitätsvereinbarungen mit den Kitas betrifft“, sagt Jens Stiller, Sprecher der Bildungsverwaltung. Das sei „ein Weg, der noch nicht zu Ende ist“. Für LEAK-Vorstand Entrup steht das Ziel bereits jetzt fest: „Es müssen mehr ErzieherInnen in die Kitas.“ ALKE WIERTH